Die gemeinnützige Umweltorganisation One Earth – One Ocean e.V. (OEOO) aus München kooperiert dabei mit dem Schulprojekt OceanCollege. Ab Oktober werden die Schüler ein halbes Jahr auf einem Traditionssegelschiff reisen und dabei nicht nur in ihren Schulfächern unterrichtet werden, sondern auch zahlreiche zusätzliche Angebote wahrnehmen können. Mikrobiologe Dr. Rüdiger Stöhr von OEOO wird mit ihnen an Bord ein Umwelt-Forschungsprojekt zum Thema Mikroplastik durchführen. Der Wissenschaftler und Berufsschullehrer für Biotechnologie und Biologie ist Projektleiter der ‚Microplastic Pollution Map’ von OEOO, einer Weltkarte, auf der Art und Umfang von Verschmutzung der Meere durch Mikroplastik dokumentiert werden. OEOO engagiert sich seit Jahren in diesem Bereich, um auf die Problematik aufmerksam zu machen.
Bis 2050 mehr Plastikteile als Fische
Schätzungen gehen von 140 Mio. Tonnen Kunststoffmüll in den Weltmeeren aus, jedes Jahr kommen derzeit weitere 8 Mio. Tonnen dazu. Nach einer Studie der UN werden sich bis zum Jahr 2050 mehr Plastikteile als Fische in den Gewässern weltweit befinden. Der Plastikmüll hat nicht nur drastische Auswirkungen auf Meerestiere, die das Plastik für Nahrung halten und daran verenden oder sich in Kunststoffnetzen oder -Leinen strangulieren. Durch seine hohe Haltbarkeit von bis zu 450 Jahren verschwindet der Kunststoff nicht einfach, sondern wird durch mechanische Kräfte und UV-Bestrahlung zu so genanntem Mikroplastik (Partikelgröße unter 5 mm) zerkleinert. An diesen Teilchen reichern sich Giftstoffe an und sie gelangen in den Nahrungskreislauf. Damit schadet Plastik in den Ozeanen nicht nur dem fragilen Ökosystem, sondern insbesondere auch uns Menschen.
Weltweite Datenbank
Um einen Beitrag zur Erforschung der mittel- bis langfristigen Auswirkungen auf Mensch und Tier zu leisten, engagiert sich OEOO seit Jahren beim Aufbau einer weltweiten Datenbank zu den Verschmutzungsgraden in den Weltmeeren. Nun bietet sich die Gelegenheit, das Forschungsprojekt gemeinsam mit den Schülern des OceanCollege wissenschaftlich voranzutreiben und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich aktiv in die wissenschaftliche Arbeit des Mikroplastik-Projektes einzubringen und sich mit der Kunststoffproblematik auseinanderzusetzen. Die Schüler werden selbst Wasserproben nehmen, diese für die Analyse aufbereiten und die Rahmendaten von Probennahmen und Aufarbeitung dokumentieren. Die auf Filtern konzentrierten Mikroplastikteilchen werden mikroskopisch begutachtet und mit einem FTIR-Spektrometer auf ihre chemische Zusammensetzung hin analysiert. Die Ergebnisse fließen dann in die OEOO-Datenbank ein und stehen der Öffentlichkeit auf einer interaktiven Weltkarte auf der Homepage von One Earth – One Ocean zur Verfügung. Die Schüler leisten damit einen unmittelbaren Beitrag zur Erstellung einer „Plastikmüll-Weltkarte“.
Atlantik, Karibik, Azoren
Die Reise von OceanCollege führt entlang der Westküste Europas zu den kanarischen Inseln und weiter über den Atlantik bis in die Karibik und nach Mittelamerika. Auf dem Rückweg passiert das Schiff die Bahamas, die Azoren und Irland. Landaufenthalte und -projekte sind unter anderem auf Teneriffa, in Costa Rica, in Mexiko, auf Kuba und in Irland geplant. OEOO wird das Schülerprojekt von Lissabon bis zu den Kanaren begleiten und währenddessen mit den Schülern an Bord verschiedene Projekte zur Mikroplastikverteilung im Ozean durchführen. Auch nach Abschluss des eigentlichen Projekts mit der unmittelbaren Analyse der Wasserproben durch den FTIR Spektrometer an Bord sammeln die Schüler weiterhin Wasserproben und bereiten diese für die Analyse nach Abschluss der Reise durch OEOO vor.
Riesige Teppiche aus Plastikmüll
Geleitet wird das Projekt an Bord von Dr. Rüdiger Stöhr, der bei OEOO die Mikroplastik-Analytik etablierte und das Mikroplastikprojekt leitet. Er ist Mikrobiologe und Berufschullehrer für Biotechnologie und Biologie. OEOO kooperiert seit Anfang 2013 mit der Container-Linienreederei OPDR aus Hamburg, deren Schiffe feste Routen zwischen Nordeuropa und Afrika befahren. Dabei werden regelmäßig Wasserproben der Nordsee, des Atlantiks und des Mittelmeers gesammelt. OEOO bestimmt dann die Kunststoffgehalte mit einem durch die Röchling-Stiftung gespendeten FTIR-Spektrometer. So werden Art, Menge und Identität des Mikroplastiks analysiert. „Für uns ist die Erforschung des Problems Mikroplastik von zentraler Bedeutung. Das möchten wir auch an die junge Generation weitergeben“, kommentiert Dr. Rüdiger Stöhr das Projekt mit den Schülern. „Die gemeinsam erzielten Ergebnisse sollen dazu beitragen, die Größenordnung des Problems seriös einzuschätzen und so die Dringlichkeit von Lösungswegen national und international einzufordern.“ Bereits heute schwimmen auf den Weltmeeren riesige Teppiche aus Plastikmüll, der größte davon im Pazifik ist so groß wie Mitteleuropa, also Deutschland, Österreich, Schweiz, Polen, Luxemburg, Ungarn und Tschechien zusammen.