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Winzige Fische – so laut wie ein Düsentriebwerk

Wasserbewohner gelten gemeinhin als eher stumm. Doch ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Senckenberg-Wissenschaftlers Ralf Britz hat diese Annahme nun widerlegt. 

von | 28.02.24

Der Danionella cerebrum übertrifft sogar den Bootsmannfisch in seiner Lautstärke.
Quelle: Ralf Britz/Senckenberg

28. Februar 2024 ǀ Normalerweise herrscht Ruhe in den Fischteichen, während Landtiere mitunter ordentlich Lärm produzieren. Denken Sie an den Pistolenkrebs, der mit seinen Scheren einen Knall von bis zu 250 Dezibel erzeugt, oder den Kakapo, einen flugunfähigen Papagei, dessen Balzrufe 130 Dezibel erreichen. Selbst Elefanten trompeten mit bis zu 125 Dezibel durch ihre Rüssel. Wasserbewohner hingegen gelten gemeinhin als eher stumm. Doch ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Senckenberg-Wissenschaftlers Ralf Britz hat diese Annahme nun widerlegt.

Sie untersuchten einen winzigen Fisch genauer, der Lautstärken von über 140 Dezibel erzeugen kann – vergleichbar mit einem Düsentriebwerk beim Flugzeugstart in 100 Meter Entfernung. Und dabei ist die Fischart Danionella cerebrum winzig, sie erreicht gerade einmal eine Länge von 12 mm. Doch wie schaffen die winzigen transparenten Fische das überhaupt? Die Forschenden berichten darüber im Fachblatt „PNAS“.

Neue Rekordhalter im Tierreich

Die Fachleute behaupten, dass sie einen einzigartigen Mechanismus zur Schallerzeugung besitzen, den sie wahrscheinlich nutzen, um in trüben Gewässern mit Artgenossen zu kommunizieren. Damit stellen sie einen neuen Rekord im Wasserreich auf.

„Der männliche Nördliche Bootsmannfisch lockt seine Weibchen mit einem hörbaren Vibrato von etwa 100 Hertz und 130 Dezibel an“, erklärt Ralf Britz von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden.

Aber Danionella cerebrum übertrifft ihn an Lautstärke. Britz und sein internationales Forschungsteam, unter der Leitung von Benjamin Judkewitz von der Charité in Berlin, haben ihn genauer unter die Lupe genommen – bzw. unter das Mikrofon. Denn 140 Dezibel sind für ein Tier dieser geringen Größe ziemlich ungewöhnlich. „Wir wollten verstehen, wie es ihm gelingt und welche Mechanismen dafür verantwortlich sind“, erklärt der Ichthyologe aus Dresden.

Einzigartiger Schallerzeugungsmechanismus

Durch eine Kombination aus Hochgeschwindigkeitsvideos, Mikro-Computertomographie, Genexpressionsanalysen und Finite-Differenzen-Verfahren haben die Forscher herausgefunden, dass die männlichen Danionella-Arten einen einzigartigen Schallerzeugungsmechanismus besitzen. Dieser Mechanismus umfasst einen Trommelknorpel, eine spezielle Rippe und einen Muskel, der widerstandsfähig gegen Ermüdung ist.

„Dieser Apparat beschleunigt den Trommelknorpel mit über 2000 g-Kräften und katapultiert ihn auf die Schwimmblase, um einen schnellen und lauten Impuls zu erzeugen. Diese Impulse werden dann in einer Reihe angeordnet, um Rufe zu erzeugen, die entweder durch beidseitig abwechselnde oder einseitige Muskelkontraktionen entstehen“, fügt Britz hinzu.

Die transparenten Fische, die sowohl als Modellorganismen für die biomedizinische Forschung dienen als auch in den flachen und trüben Gewässern Myanmars beheimatet sind.

„Wir nehmen an, dass der Wettbewerb zwischen den männlichen Tieren in dieser optisch eingeschränkten Umgebung zur Entwicklung des speziellen Mechanismus für die akustische Kommunikation beigetragen hat“, erklärt Britz.

Herausforderung konventioneller Vorstellungen und Ausblick auf zukünftige Forschung

Die Ergebnisse der Studie stellen die herkömmliche Vorstellung in Frage, dass die Geschwindigkeit der Skelettbewegungen von Wirbeltieren durch die Muskelbewegung begrenzt ist.

„Das Verständnis der außergewöhnlichen Anpassung von Art Danionella cerebrum erweitert unser Wissen über die Bewegung von Tieren und unterstreicht die bemerkenswerte Vielfalt der Antriebsmechanismen bei verschiedenen Arten. Dies trägt zu einem breiteren Verständnis der Evolutionsbiologie und Biomechanik bei“, erklärt das Team und gibt einen Ausblick: „Die von den anderen Danionella-Arten erzeugten Laute wurden bislang noch nicht im Detail untersucht – es wäre interessant zu erfahren, wie sich der Mechanismus ihrer Lauterzeugung unterscheidet und wie diese Verschiedenheiten mit der evolutionären Anpassung zusammenhängen. In Kombination mit ihrer lebenslangen Transparenz bietet die Gattung Danionella eine einzigartige Gelegenheit, die neuronalen Mechanismen, die den Lautäußerungen zugrunde liegen, zwischen den Arten zu vergleichen.“

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