19. Juni 2023 Ι Bereits das dritte Jahr in Folge koordiniert das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel ein Ausbildungsprogramm, welches untersucht, inwieweit sich Lichtverschmutzung bei Nacht auf Meereslebewesen auswirkt.
Siedlungsverhalten der Tiere unter Einfluss von Kunstlicht
Das Ausbildungsprogramm „Globaler Ansatz durch Modulare Experimente“ (GAME) legt den Fokus auf Organismen, die Oberflächen im Meer besiedeln wie beispielsweise Muscheln und Seepocken. Die jungen Wissenschaftler:innen untersuchen, ob sich das Siedlungsverhalten dieser Tiere unter dem Einfluss von nächtlichem Kunstlicht verändert. In zehn verschiedenen Ländern sammeln binationale Zweierteams dazu Daten und werten diese in Deutschland für ihre Masterarbeiten aus. Die Experimente haben jetzt an allen Standorten begonnen.
Insgesamt untersuchen in diesem Jahr 19 deutsche und internationale Master-Studierende in Finnland, Island, Israel, Japan, Kroatien, Chile, Malaysia, Portugal, Spanien und Cabo Verde für ihren Abschluss die Frage, ob Lichtverschmutzung das Siedlungsverhalten der Larven benthischer Invertebraten beeinflusst. Dazu gehören auch solche Organismen, die feste Oberflächen, zum Beispiel Steine, Kaimauern oder Schiffsrümpfe, besiedeln, wie beispielsweise Muscheln, Seepocken, Seescheiden, Moostierchen oder auch Nesseltiere.
Die Besiedelung von Oberflächen ist ein wichtiger Prozess
Viele benthische Invertebraten sind in ihrem Erwachsenenstadium sesshaft. Um sich fortzupflanzen, haben sie Larvenstadien, die sich im Wasser verbreiten und dann wiederum andernorts ansässig werden. Das Besiedeln von Oberflächen ist für diesen Zyklus ein wichtiger Prozess. Verändert sich aber das Siedlungsverhalten der Larven, wenn Flächen nachts von künstlichem Licht beschienen werden und wenn ja, wie ? Das Programm GAME möchte nun zum ersten Mal genau diese Prozesse im globalen Vergleich untersuchen. Die Arten, um die es geht, sind weit verbreitet und für die Vielfalt und Zusammensetzung von marinen Gemeinschaften von Bedeutung. Teilweise handelt es sich um Filtrierer, die die Wassersäule von Schadstoffen reinigen.
PVC-Platten werden für diese Experimente ins Meer gehängt, so dass sich lokal vorkommende Arten darauf ansiedeln können. Ein Teil der Platten wird dann nachts mit Kunstlicht beschienen, während ein weiterer Teil der Platten im Dunklen verbleibt. An jedem Standort gibt es zwei Experimente dieser Art, wobei in einem davon weißes LED-Licht und im anderen gelbes LED-Licht verwendet wird. Damit möchte man herausfinden, ob eventuell gelbes Licht möglicherweise weniger Auswirkungen auf die Larven hat, da es einen kleineren Teil des Spektrums umfasst.
Ergebnisse aus den Jahren 2021 und 2022
Bereits in den Jahren 2021 und 2022 erforschte GAME die Auswirkungen von Lichtverschmutzung auf marine Weidegänger wie Seeigel und Schnecken sowie auf Miesmuscheln, die wichtige Filtrierer sind.
“In diesen Projekten zeigte sich, dass nächtliches Kunstlicht durchaus die Fraßraten der Seeigel verändern und die Filtrationsleistung sowie die Fähigkeit Byssusfäden zu bilden bei Miesmuscheln beeinträchtigen kann. In diesem Jahr geht es nun zum ersten Mal um die Auswirkungen von Kunstlicht auf ganze Gemeinschaften, denn wenn sich das Siedlungsverhalten der Larven verändern sollte, wird sich auch die Struktur der entstehenden Gemeinschaften verändern. Die Bedeutung dieser Prozesse wollen wir nun nachvollziehen”, betont Dr. Mark Lenz, mariner Ökologe am GEOMAR und Koordinator des Programms GAME.
In 2024 wird dann noch eine Untersuchung zu den Auswirkungen von Licht auf Makroalgen, einer weiteren wichtigen Komponente von Küstenökosystemen, folgen.