Phosphor ist ein wertvoller Nährstoff, den jeder Organismus braucht, aber nicht selbst produzieren kann. Die fossilen Phosphor-Ressourcen sind begrenzt. Dennoch gehen wir mit dem kostbaren Rohstoff großzügig um. So werden in Deutschland phosphorhaltige Klärschlammaschen bis heute größtenteils in Deponien abgelagert. Dadurch geht der wertvolle Stoff verloren.
Die Wissenschaftler der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Dr. Christian Adam und sein Team vom Fachbereich Thermische Reststoffbehandlung und Wertstoffrückgewinnung, arbeiten daran, technische Lösungen für die Rückgewinnung und Rückführung von Phosphor in den Stoffkreislauf zu entwickeln. Ein Ziel seiner Forschung: Ein neuartiger Dünger, der die Nährstoffe genau dann an die wachsende Pflanze abgibt, wenn sie diese braucht.
Phosphor ist essentiell für alle Lebewesen. Sie brauchen den Nährstoff für die Speicherung der genetischen Information in DNA und RNA. Und sie benötigen Phosphor für den Aufbau und den Erhalt von Knochenstruktur. Nutzpflanzen, die Nahrung für Menschen und Tiere liefern, nehmen Phosphor, zusammen mit anderen Stoffen, aus den Ackerböden auf. In den Böden werden die fehlenden Nährstoffe in der Regel durch Dünger ersetzt. Oft wird in der Landwirtschaft Mineraldünger aus fossilen Vorkommen eingesetzt, die außerhalb Europas liegen, vor allem in Afrika, China, Russland und den USA. Die Probleme liegen auf der Hand: Ressourcenausbeutung und Umweltprobleme in den Erzeugerländern, Marktabhängigkeit, Preisschwankungen, mangelhafte Kreislaufwirtschaft im Inland. Hinzu kommt, dass fossiler Mineraldünger oft durch Schwermetalle belastet ist, die sich in den Böden anreichern oder über die Pflanzen in die Nahrungskette gelangen. Es müssen also Alternativen gefunden werden. Der schon vorhandene Phosphor soll in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden.
BAM-Forschung für einen Dünger der nächsten Generation
Der BAM-Wissenschaftler Dr. Christian Adam und sein Team sind Experten für die thermochemische Reststoffbehandlung und Wertstoffrückgewinnung. Phosphorrückgewinnung aus Klärschlammaschen ist eines ihrer Spezialgebiete. Thermisch aufbereiteter Klärschlamm eignet sich besonders gut für die Phosphorrückgewinnung, da die Klärschlammasche hohe Phosphorkonzentrationen enthält und sich gut recyceln lässt. Klärschlamm fällt in großen Mengen in Kläranlagen an und kann durch Verbrennung bei hohen Temperaturen zu Asche weiterverarbeitet werden. Bei der Verbrennung können Energie gewonnen und organische Schadstoffe, wie etwa Rückstände von Arzneimitteln, sicher zerstört werden. Der im Klärschlamm enthaltene Phosphor verbleibt dabei in der Asche und soll künftig zu einem Dünger der nächsten Generation weiterverarbeitet werden („Next Generation Fertilizers“).
Ziel solcher neuen Dünger ist es, dass die Nährstoff-Freigabe synchron zum Verlauf des Pflanzenwachstums stattfindet, wie Dr. Adam erläutert: „Das ist eigentlich eine neue Generation von Düngemitteln. Wir denken, dass bei den Recycling-Düngemitteln die Rohstoffe, die aus dem Recycling von phosphorhaltigem Material stammen, eine wichtige Rolle spielen können. Diese Rohstoffe sind nicht wasserlöslich, im Gegensatz zu den Rohstoffen in konventionellen Düngemitteln. In sauren Böden ist Wasserlöslichkeit kontraproduktiv. Zugleich sind diese neuartigen Nährstoffe sehr gut bioverfügbar. Das heißt, die Düngewirkung ist die gleiche wie bei konventionellen Düngern.“
Ein weiterer Vorteil: Man kann so genannte Schadstoff-Frachten durch den Einsatz von Sekundärrohstoffen verringern, denn die Schadstoffbelastung bei herkömmlichen Düngern ist teilweise recht hoch, z. B. mit Cadmium, Uran und Thorium. Diese sind in den Recycling-Düngemitteln kaum vorhanden.
Dr. Adam und sein Team kooperieren seit Jahren erfolgreich mit internationalen Partnern. Die Zusammenarbeit führte u. a. zu gemeinsamen Patenten mit Industrieunternehmen. Aktuell arbeiten die BAM-Wissenschaftler in einem internationalen Konsortium an der Entwicklung einer neuen Generation von Düngemitteln: Im Projekt CLOOP forschen sie mit ihren Kolleginnen an der Universität Bonn, dem Anlagenbauer Outotec, dem Kompetenzzentrum Wasser Berlin sowie den Universitäten Sao Paolo (Brasilien) und Queensland (Australien).
Ziel ist die Entwicklung von Düngemitteln der nächsten Generation, etwa für den Zuckerrohranbau. Das Projekt CLOOP ("Closing the Global Nutrient Loop") wird im Rahmen der BMBF Fördermaßnahme BioÖkonomie International gefördert.
Die Frist läuft: Bis 2029 ist Phosphorrückgewinnung Pflicht
Der Gesetzgeber hat im Oktober 2017 die Klärschlammverordnung verschärft. Diese legt nun fest, dass Betreiber von Kläranlagen ab einer Ausbaugröße von 100 000 Einwohnerwerten künftig einen Teil des Phosphors aus Klärschlämmen in den Stoffkreislauf zurückführen müssen. Ab Herbst 2017 läuft die Übergangsfrist von zwölf Jahren, in der Verfahren und Produkte zur Marktreife weiterentwickelt werden müssen. Nun ist Expertise in Technik und Chemie gefragt.
Phosphorrecycling braucht Akzeptanz
Recycling-Produkte müssen sich der Konkurrenz zu bereits eingeführten Produkten stellen. Was den Recycling-Dünger anbelangt: Er braucht Akzeptanz. Entweder muss er günstiger sein als Dünger aus fossilen Quellen oder er muss Vorteile aufweisen, die herkömmliche Dünger nicht haben. Von den Düngern der nächsten Generation sind solche Vorteile zu erwarten.
Doch warum werden bereits bekannte und erprobte Verfahren zur Phosphorrückgewinnung bisher von Anlagenbetreibern nur wenig eingesetzt? Es dürfte daran liegen, dass der Weltmarktpreis für Rohphosphat stark schwankt, tendenziell jedoch eher niedrig ist. Die Rückgewinnung von Phosphor ist zurzeit für Anlagenbetreiber recht teuer. Investitionen, die für den Bau von neuen Anlagen vorgesehen waren, wurden eingefroren. Auch braucht ein Betreiber Versorgungssicherheit bezüglich der Aschen. Die Anlagenbetreiber haben jedoch derzeit Probleme, wenn sie Klärschlammasche kaufen wollen, denn sie müssen dafür erst Ausschreibungen gewinnen. Die neue Klärschlammverordnung, die das Phosphor Recycling obligatorisch macht, dürfte die Technikentwicklung und Marktreife von Produkten jedoch nun kräftig vorantreiben.
Netzwerke, Projekte, Expertise der BAM
Ein großes EU-Projekt, an dem Dr. Adam mit seinem Team beteiligt war, war P-REX. Dort wurden Phosphorrecycling Verfahren, die in der Vergangenheit bearbeitet, untersucht und optimiert wurden, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Niveaus und Entwicklungsstände vergleichend bewertet, mit Lebenszyklusanalysen, Kostenanalysen und mit naturwissenschaftlich-technischen Vergleichsmethoden. P-Rex gilt als eines der wichtigsten Projekte aus dem Bereich Phosphorrückgewinnung aus Abwasser, die es in der Vergangenheit gab.
Die Expertise der BAM auf diesem Gebiet spielt in der Politikberatung eine wichtige Rolle und wird von technischen Gremien und Partnern aus Industrie und Wissenschaft nachgefragt.
Kontakt: Dr.-Ing. Christian Adam, BAM, Leiter Fachbereich 4.4, Christian.Adam@bam.de
Weitere Informationen: www.bam.de