15. Juni 2023 ǀ Giraffen in der ostafrikanischen Savanne machen die immer stärker werdenden Regenfälle durch den Klimawandel zu schaffen. Steigenden Temperaturen dagegen passen sie sich überraschend gut an, wie Forschende der Universität Zürich und der Pennsylvania State University herausfanden.
Forschende der Universität Zürich und der Pennsylvania State University haben nun eine jahrzehntelange Studie abgeschlossen: die bisher größte Studie über die Giraffenpopulation in der Region Tarangire in Tansania. Heraus gekommen ist, dass der Klimawandel voraussichtlich zu einem starken Rückgang der Wildtierpopulationen weltweit führen wird. Bisher war jedoch wenig bekannt, wie sich Klima und menschlicher Einfluss auf das Überleben von Giraffen und anderen afrikanischen Pflanzenfressern auswirken.
Auswirkungen des Klimas auf Giraffen
Das Forschungsteam untersuchte, wie sich lokale Anomalien in Temperatur, Niederschlag und Vegetation auf die Überlebenswahrscheinlichkeit der Giraffen auswirken. Sie erforschten auch, ob sich das Klima stärker auf Giraffen auswirkt, die am Rand der Schutzgebiete leben und so dem Einfluss des Menschen stärker ausgesetzt sind.
«Um die Auswirkungen des Klimas und des Menschen auf ein langlebiges und langsam brütendes Tier wie die Giraffe zu untersuchen, müssen wir ihre Populationen über einen langen Zeitraum und über ein grosses Gebiet hinweg betrachten», so Bond.
Das Team sammelte fast zwei Jahrzehnte lang Daten zu Niederschlag, Vegetationsgrün und Temperatur während der kleinen und grossen Regenzeit in Tansania sowie während der Trockenzeit und verfolgte dann das Schicksal von 2385 Giraffen aller Altersgruppen in den letzten acht Jahren des Untersuchungszeitraums.
Positive Auswirkungen von höheren Temperaturen
Die Erwartung dass die höheren Temperaturen den Tiere aufgrund ihrer Körpergröße schaden würde, wurde nicht erfüllt. Die höheren Temperaturen wirkten sich überraschenderweise positiv aus.
«Die Giraffe hat mehrere körperliche Merkmale, die ihr helfen, sich kühl zu halten wie einen langen Hals und lange Beine, an denen Wärme verdunstet. Sie verfügt aber auch über spezialisierte Nasenhöhlen, ein komplexes Netzwerk von Arterien, die das Gehirn mit Blut versorgen, und ein Fleckenmuster, das Wärme abstrahlt», erklärt Derek Lee, Professor für Biologie an der Pennsylvania State University und Hauptautor der Studie. Lee weist jedoch darauf hin, dass «die Temperaturen während unseres Untersuchungszeitraums den für Giraffen tolerierbaren Temperaturbereich nicht überschritten haben und eine extreme Hitzewelle die Tiere schädigen könnte.»
Überlebensrate in regenreicher Jahreszeit geringer
Die Studie ergab außerdem, dass die Überlebensrate von erwachsenen Giraffen und ihren Kälbern während regenreicherer Jahreszeiten geringer war. Es wird vermutet, dass dies auf eine mögliche Zunahme von Parasiten und Krankheiten zurückzuführen ist. Gemäß einer früheren Studie wiesen Giraffen in der Regenzeit mehr Magen-Darm-Parasiten auf und schwere Überschwemmungen führten zu Krankheiten wie Rift-Valley-Fieber-Virus und Milzbrand.
Klimaveränderung bedroht Giraffen
In der aktuellen Studie wurde auch festgestellt, dass eine grünere Vegetation die Überlebensrate erwachsener Giraffen verringert – möglicherweise weil ein schnelleres Blattwachstum die Nährstoffqualität reduziert. Die Auswirkungen des Klimas zeigen sich bei Giraffen, die am Rand der Reservate leben, verstärkt – allerdings nicht zu allen Jahreszeiten.
«Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Giraffen, die an den Rändern der Schutzgebiete leben, während starker, kurzer Regenfälle am stärksten gefährdet sein könnten. Diese Bedingungen erhöhen wahrscheinlich die mit der Viehzucht verbundenen Krankheitsrisiken. Zudem erschwert das schlammige Terrain Patrouillen gegen Wilderer, was das Überleben der Giraffen zusätzlich bedroht», sagt Arpat Ozgul, Professor an der Universität Zürich und Mitautor der Studie.
Das Team kommt zum Schluss, dass die prognostizierten Klimaveränderungen den Fortbestand von Giraffen in Ostafrika – und damit in einer der wichtigsten Landschaften der Erde für grosse Säugetiere – voraussichtlich bedrohen. Eine effektive Landnutzungsplanung und der Kampf gegen Wilderei werden daher erforderlich sein, um die Widerstandsfähigkeit der Giraffen gegenüber den kommenden Veränderungen zu verbessern.