Das Expertenteam – Schiffskonstrukteure, Anlagentechniker, Umwelttechniker und Projektentwickler – hat in den vergangenen zehn Monaten das Umsetzungskonzept erarbeitet. Die Konzeptionsphase wurde von der gemeinnützigen Röchling Stiftung finanziell unterstützt.
Plastikmüll
Über 140 Mio. Tonnen Plastikmüll befinden sich nach Schätzungen bereits in den Meeren weltweit, jedes Jahr kommen mindestens 10-15 Mio. Tonnen dazu. Prognosen gehen bis 2025 von einer Verdoppelung der maritimen Müllmengen aus. Das vorläufige Scheitern des Offshore-Reinigungskonzepts von The Ocean Cleanup um den Niederländer Boyan Slat zeigt einmal mehr, dass praktikable Lösungsansätze zur Entfernung des Plastikmülls aus dem Meer bisher fehlen.
Die Umweltorganisation One Earth – One Ocean e.V. (OEOO), die bereits seit über acht Jahren Erfahrungen mit ihrer „Maritimen Müllabfuhr“ gesammelt hat, stellt nun eine umfassende Forschungs- und Konzeptstudie vor. Im Rahmen eines Business-Plans wurde die Entwicklung der Parameter über einen 10-Jahres-Zeitraum modelliert. Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen die technische, ökonomische und rechtliche Machbarkeit des Pilotsystems „SeeElefant“. Dieses Pilotsystem ist zentraler Baustein im Konzept der „Maritimen Müllabfuhr“ des gemeinnützigen Vereins um dessen Gründer Günther Bonin und soll in Flussmündungen und Küstengebieten eingesetzt werden.
„Das Thema Plastikmüll in den Meeren ist heute allgegenwärtig. Doch es fehlt noch immer an tragfähigen und umsetzbaren Konzepten, die es ermöglichen, schnell gegen die Vermüllung durch Plastik im Meer vorzugehen. Utopien helfen uns nicht weiter“, erklärt Günther Bonin, Gründer der Organisation One Earth – One Ocean e.V., der erst kürzlich für seine Arbeit von Gruner & Jahr ausgezeichnet wurde. „Unser Konzept ist ein durchdachter und pragmatischer Lösungsansatz, der in Teilen bereits erprobt und laufend optimiert wurde. Nun wollen wir den nächsten großen Schritt gehen.“
Die „SeeKühe“ und der „SeeElefant“
Das Konzept der „Maritimen Müllabfuhr“ sieht eine Flotte aus speziellen Arbeitsschiffen mit fördertechnischer Ausrüstung zum Aufsammeln des Plastikmülls aus dem Meer vor. Diese so genannten „SeeKühe“ – eine erste SeeKuh ist seit 2017 im Einsatz, eine zweite wird gerade gebaut – bringen den gesammelten Plastikmüll zum „SeeElefanten“.
Der „SeeElefant“ ist ein umgebauter Mehrzweckfrachter, der Anlagen zum Sortieren, Zerkleinern, Verarbeiten und Pressen von Meeresmüll an Bord haben wird. Das Meeresplastik wird an Bord zu sortenreinen Kunststoffballen gepresst und später dem Recycling zugeführt; aufgefischtes Verbundmaterial und Holz kann thermisch verwertet werden zur Bereitstellung der Energie für den Anlagenbetrieb. In wenigen Jahren – bei Verfügbarkeit von industrietauglichen Depolymerisationsanlagen – soll Plastik direkt an Bord verölt werden. Angestrebt wird beim Pilotsystem eine Verarbeitungskapazität von etwa 20 t/Tag. In weiteren Ausbaustufen soll dieses System dann auch für kommerzielle Betreiber mit bis zu 200 t/Tag entwickelt werden.
Meeresplastik ist kein Müll, sondern ein Wertstoff. Die daraus gewonnenen Ballen sind sortenrein und bestehen z. B. aus Polyethylen-, Polypropylen- oder PET-Meeresplastik. Sie werden verkauft und so wieder dem Recyclingkreislauf zugeführt.
„Vorrangiges wirtschaftliches Ziel ist für uns eine vollständige Kostendeckung des Pilotsystems“, so Projektleiter Dr. Harald Frank, „Aber auch eine Überschreitung der Gewinnschwelle ist erreichbar, indem wir mittelfristig die Sammelmenge des Plastikmülls bzw. der vermarktbaren Sekundärrohstoff-Ballen auf täglich 40 t hochfahren.“
Der umfassende Business-Plan der Machbarkeitsstudie zeigt die Entwicklung sämtlicher Parameter über einen 10-Jahres-Zeitraum hinweg. Durch Rückgriff auf einen gebrauchten Mehrzweckfrachter als SeeElefant einerseits, sowie markterprobte Maschinensysteme aus der Recyclingtechnik und die bewährte Technologie des Müllsammel-Katamarans SeeKuh andererseits können die Investitionskosten für das Pilotsystem auf ca. 11,2 Mio. EUR begrenzt werden.