Die Frist zur Zustands- und Funktionsprüfung der Grundstücksentwässerungsanlagen, so die korrekte Bezeichnung, lief am 31. Dezember 2015 für zwei Gruppen von Immobilien in Wasserschutzgebieten in NRW ab: für Wohnimmobilien mit Baujahr 1964 oder früher und für Industrie- und Gewerbeimmobilien mit Baujahr vor 1990. Was ist in dem halben Jahr seitdem passiert und wie geht es nun weiter? Der 7. Deutsche Tag der Grundstücksentwässerung in Köln konstatierte einen Schwebezustand.
Ratlose Kommunen
Das IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH aus Gelsenkirchen und die Technische Akademie Hannover e. V. hatten Experten aus Kommunen und Fachbetrieben, Ingenieure, Juristen, Gutachter und Verbraucherberater in die Domstadt eingeladen. Schnell wurde klar: Ein großer Teil der betroffenen Eigentümer ist säumig, bis zu 300.000 fällige Bescheinigungen liegen den NRW-Kommunen bislang nicht vor. Diese bleiben am Ball, verspüren aber auch Ratlosigkeit. Nachdem die NRW-Landesregierung die gesetzlichen Vorgaben entschärft und das politische Signal ausgegeben hatte, nicht allzuviel Druck auf die Grundstückseigentümer und Wähler auszuüben, sehen sich die Kommunen in einer nicht einfachen Situation.
Schluss mit Lustig in Köln
Die Metropolen Köln und Dortmund verdeutlichten die Spannbreite kommunalen Vorgehens: „Irgendwann ist Schluss mit Lustig“, beschrieb Martina Saathoff das Vorgehen der Stadtentwässerungsbetriebe Köln. „Irgendwann muss man dem Bürger zeigen, dass man es ernst meint.“ Im Schatten des Doms geht man mit Mahnungen und notfalls auch Bußgeldandrohungen vor. „Sonst bekommt ja der Bürger den Eindruck, ich muss nur lange genug protestieren, dann kann ich allen Verpflichtungen entgehen. Und was sollen wir denn den Pflichtbewussten sagen, die die Frist eingehalten haben?“
Aufklärung in Dortmund
Im Ruhrgebiet ist man zurückhaltender. Ulrike Meyer von der Stadtentwässerung Dortmund möchte mit Aufklärung und Einsicht das Ziel erreichen. „Wir stellen immer wieder fest, dass völliges Unwissen über die Gründe vorherrscht. Wir wollen, dass die Bürger das verstehen.“ Ein Weg, der Geduld und langen Atem verlangt, wie sie selbst weiß: „Ich schätze, dass wir 30 Jahre brauchen, bis alle Anlagen geprüft und in Ordnung sind.“
Herne setzt auf Einsicht
Vertreter aus anderen Städten plädierten wiederum eher für einen entschlosseneren Kurs: „Rein mit Beratung und Vernunft kommen wir nicht weiter“, hieß es aus München, und Anke Weber von der Stadtentwässerung Schwerte bestätigt: „Letztlich geht es nur mit Druck“. Aus Kierspe im Sauerland kam Zustimmung: „Wir haben die Frist noch mal bis 30. Juni verlängert, dann gehen wir in die Verwaltungsverfahren. Es gibt genug Bürger, die sich für die Sanierung verschuldet haben. Was sollen wir denen sagen, wenn jetzt andere einfach so davonkommen?“ Die Stadtentwässerung Herne setzt ebenfalls auf Einsicht: „Wir bieten bei jeder Kanalsanierung, mittlerweile auch bei jeder Straßenbaumaßnahme, den Anwohnern eine TV-Untersuchung ihrer privaten Kanalabschnitte gegen Kostenbeteiligung an“, erläutert Josef Becker. Mit Erfolg: 60 % nehmen an.
Gute Informationspolitik
Die Erfahrung eines Dienstleisters spricht für die harte Linie: Heiko Möller vom Fachunternehmen Lobbe Entsorgung West berichtete auf der Tagung: „Nur mit Abgabepflicht und Ordnungsverfügungen erreicht man vernünftige Erfolgsquoten.“ Konkret nennt er aus seinen erfassten Daten die Zahl von rund 54 Prozent. Er sagt aber auch: „Bei guter Informationspolitik sind die Bürger bereit, die Zustands- und Funktionsprüfung durchführen zu lassen.“
Anders argumentieren
Ein interessanter Gedanke zur Kommunikation mit den Bürgern kam unabhängig von mehreren Referenten der Tagung: Eine Verknüpfung mit den aktuellen Themen Starkregen und Rückstau verspricht, so die Erfahrung, größere Überzeugungskraft für eine Sanierung als Fristen, Strafandrohungen und der Grundwasserschutz.