30. August 2023 ǀ Japan plant, aufbereitetes Wasser aus Fukushima in den Pazifik zu leiten. Clemens Walther, Professor am Institut für Radioökologie und Strahlenschutz, bleibt laut einem Interview mit der Tagesschau, angesichts dieser Pläne gelassen und erklärt, warum das Wasser kaum mehr Risiken birgt als ein paar Uhren mit Leuchtzeigern, die im Pazifik schwimmen.
Walther sagt: “Also dieses Wasser, was zur Kühlung der Reaktoren benutzt wurde, wurde von allen Radionukliden befreit. 62 Stück nennt Tepco, bis auf die Radionuklide Kohlenstoff 14 und – worum jetzt vor allem verhandelt wird – das Tritium.”
Dieses Tritium ist ein radioaktives Isotop des Wassers und deswegen ist es besonders schwer, das von normalem Wasser chemisch abzutrennen. Es könnte durch Destillationsverfahren in kleinen Skalen abgetrennt werden, aber es wäre exorbitant teuer und energieaufwändig, dies auf 1,3 Millionen Tonnen Wasser anzuwenden. Tritium kommt auch in der Natur vor und befindet sich ganz natürlicherweise auch in uns Menschen. Es zerfällt radioaktiv unter Aussendung von Betastrahlen in zwölf Jahren.
Tepco plant, aufbereitetes Wasser aus Fukushima ins Meer abzuleiten: Bedenken und Proteste
Tepco plant, aufbereitetes Wasser aus Fukushima ins Meer abzuleiten. Dieses Wasser enthält nach der Aufbereitung und Verdünnung 1500 Becquerel von Tritium. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt für Trinkwasser eine Obergrenze von 10.000 Becquerel pro Liter, so dass Tepco fast um das Siebenfache darunter liegt. Die radiologische Gefährdung wäre somit als relativ gering einzuordnen. Tritium selbst ist ein Radionuklid, das eine relativ geringe Gefährdung darstellt.
Trotzdem gibt es Proteste von Umweltverbänden und auch die Fischer haben Bedenken, sollte dieses Wasser ins Meer geleitet werden. Diese Bedenken sind jedoch nicht aus radiologischer Perspektive nachvollziehbar, da die Menge an Tritium, die eingeleitet werden soll, ungefähr dem entspricht, was eine normale kerntechnische Anlage im Jahr in die Umgebung abgibt. Es gibt sogar Anlagen in Europa, die fast das Tausendfache pro Jahr ins Meer ableiten. Die Problematik der Fischer besteht darin, dass Produkte aus der Provinz Fukushima weniger gut verkäuflich sein werden, selbst wenn sie radiologisch unbedenklich sind.
Tritium verhält sich im Körper wie Wasser
Clemens Walther erklärte weiterhin, dass Tritium, welches im aufbereiteten Wasser aus Fukushima enthalten ist, sich im Körper wie Wasser verhält. Es wird relativ schnell im Körper umgesetzt und auf den üblichen Wegen ausgeschieden. Fische, die in der Umgebung gefangen werden, müssen also gar nicht notwendigerweise einen erhöhten Tritiumgehalt aufweisen. Auch wenn wir diese Fische essen würden, wäre die zusätzliche Strahlendosis verschwindend klein.
Walther vergleicht die Menge an Tritium, die Tepco pro Tag abgibt, mit der Menge, die in 70 Uhren mit Leuchtzeigern enthalten ist:
“Es gibt Uhren, die deshalb leuchten, weil Tritium eingebaut ist – weil Tritium eben als biologisch relativ ungefährlich eingeschätzt wird. Man darf eine Milliarde Becquerel, also ein Giga-Becquerel, in diesen Uhren verarbeiten Und die dann als ganz normalen Alltagsgegenstand benutzen. Die abgegebene Menge von Tepco pro Tag entspricht ungefähr der Menge, als wenn 70 dieser Uhren im gesamten Pazifik verteilt würden.”
Andere Nationen und Kernkraftwerke geben sehr viel mehr ab und auch auf natürliche Art und Weise gelangt Tritium in Oberflächenwässer. Die Ableitung von Tepco wird zu keiner nennenswerten Erhöhung in den weltweiten Gewässern führen und außerhalb eines Umkreises von einem Kilometer wird es sehr schwer werden, das messtechnisch nachzuweisen. Es wird keinerlei radiologische Folgen haben.
China und Südkorea haben Proteste angemeldet
China und Südkorea haben Protest gegen die Pläne von Tepco angemeldet, aufbereitetes Wasser aus Fukushima ins Meer abzuleiten. Clemens Walther, Professor am Institut für Radioökologie und Strahlenschutz, äußerte den Verdacht, dass es sich hierbei um ein politisches Agieren handelt, da die Ableitungen der genannten Nationen höher sind als das, was von Tepco beabsichtigt wird.
“Ich bin kein Politiker und ich werde mich auch nicht politisch äußern. Aber vor dem Hintergrund, dass die Ableitung der genannten Nationen höher sind als das, was jetzt von Tepco beabsichtigt wird, muss natürlich der Verdacht aufkommen, dass es hier um ein politisches Agieren geht.”
Aus radioökologischer Sicht gibt es keine Gründe, die es verbieten würden, das Wasser abzuleiten. Alles andere, wie zum Beispiel Destillationsverfahren, wäre ein unverhältnismäßiger Aufwand und die radiologische Gefährdung durch das Ableiten ist gering. Es ist weltweit gang und gäbe.