19. Juni 2023 Ι Was passiert mit dem frischen Trinkwasser, nachdem es zum Duschen oder Waschen von Kleidung verwendet wurde? Normalerweise läuft es zusammen mit dem Abwasser aus der Toilette, sogenanntem Schwarzwasser, und Regenwasser in die Kanalisation. Im Klärwerk wird es dann gereinigt und ins Gewässer entlassen, in Hamburg in die Elbe. Nicht so im Quartier Jenfelder Au, in dem Hamburg Wasser neue Formen der Abwassertrennung erprobt.
Wassertrennung als Einsparmaßnahme
In den Haushalten in der Jenfelder Au wird Grauwasser vom Schwarzwasser getrennt und gesondert in einer Aufbereitungsanlage behandelt. Weil es nicht mit Fäkalien in Berührung kommt, ist es vergleichsweise gering verschmutzt. Trotzdem enthält es natürlich Schadstoffe, die entfernt werden müssen: Spuren von Diclofenac zum Beispiel, einem medizinischen Wirkstoff der unter anderem in Schmerzgels verwendet wird, Phosphate, Tenside oder Mikroplastik, die etwa über Reinigungsmittel ins Abwasser gelangen.
Im Hamburg Water Cycle wird Grauwasser zu Brauchwasser
Um das Grauwasser zu reinigen, nutzen wir eine zweistufige Aufbereitung: In der ersten Stufe klären wir das Abwasser mit einer biologischen Behandlung mit einem Festbettbioreaktor. Dort bildet sich Schlamm, in dem Mikroorganismen Schmutzstoffe entfernten. Anschließend gelangt das Wasser in eine Spezialfilteranlage mit Ultrafiltrationsmembran, in der die noch verbliebenen Mikroschadstoffe entfernt werden.
Übrig bleibt Wasser, das zwar kein Trinkwasser ist, aber das alle Anforderungen an Brauchwasser erfüllt und bedenkenlos genutzt werden kann, um beispielsweise den Spülkasten einer Toilette zu befüllen oder um eine Grünfläche zu wässern.
Das Brauchwasser wird derzeit an einen benachbarten Gewerbehof weitergegeben. Dort wird es in einer Zisterne zwischengespeichert, die auch überschüssiges Regenwasser sammelt. Ziel ist es, in erster Linie das Regenwasser vor Ort wiederzuverwenden, weshalb im Projekt ein Modul erprobt wird, das Regenwasser bei der Nutzung Vorrang gewährt. Die Steuerungstechnik erkennt, wenn der Zustrom von Regenwasser nachlässt und schaltet ab einer bestimmten Füllmenge auf Grauwasser um.
Wieviel Trinkwasser wird eingespart?
Allein die Toilettenspülung macht rund 27 % des täglichen Trinkwasserverbrauchs aus, hinzu kommt die Ersparnis des Trinkwassers, das ansonsten für die Gartenbewässerung genutzt würde.
Je nach Rahmenbedingungen können solche Konzepte kommunalen Wasserversorgern in ganz Deutschland helfen, etwa bei der Vorbeugung von Nutzungskonflikten. Denn gerade im Falle längerer Trockenzeiten im Sommer steigt der Trinkwasserbedarf phasenweise massiv an. “Gut 63 Prozent des häuslichen Wasserbedarfs sind saisonabhängig”, erklärte Ingo Hannemann, technischer Geschäftsführer von Hamburg Wasser. Mit der Zunahme an begrünten Dächern und Fassaden in der Stadt wird die Nachfrage im Sommer weiter ansteigen, der Druck auf Versorgungssysteme und Grundwasserressourcen steigt.
Das Projekt GRE-Y ist deutschlandweit das erste Projekt, in dem ein städtisches Wasserunternehmen mit einem privaten Gewerbeparkbetreiber ein kombiniertes Regen- und Grauwasserrecycling umsetzt. Es ist zunächst auf fünf Jahre angelegt und wird durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt gefördert. Die Ergebnisse werden mit der Wasser- und der Wohnungswirtschaft geteilt, um ihre Übertragbarkeit und mögliche Skalierungseffekte bestmöglich abzuschätzen.
„Das Wasserrecycling könnte sich als Kernelement für die wassersensible Stadtentwicklung der Zukunft entwickeln – nicht nur in Hamburg“, so Ingo Hannemann.
Konzept des Hamburg Water Cycle: Mülltrennung beim Abwasser
Das Prinzip des Hamburg Water Cycle (HWC) ähnelt der häuslichen Mülltrennung: Während in konventionellen Abwassersystemen maximal Regenwasser und Abwasser getrennt werden, geht der HWC noch einen Schritt weiter. Neben Regenwasser und dem Abwasser aus der Toilette (Schwarzwasser) wird auch das Grauwasser aus Küche, Bad und Waschmaschine in einem eigenen Stoffstrom erfasst und behandelt.
Im Wohnquartier Jenfelder Au, wo der neue Wasserkreislauf das erste Mal im großen Maßstab erprobt wird, kann der Wasserbedarf so um mindestens 30 Prozent gesenkt werden: Denn Fäkalien werden nicht gemeinsam mit Spülwasser zum Klärwerk geleitet, sondern über Unterdrucktoiletten in einem Unterdrucksystem zu einer Biogasanlage im Quartier befördert. Das spart rund ein Viertel des täglichen Wasserbedarfs im Haushalt und schafft grüne Strom- und Wärmeenergie für den Betriebshof und die Nachbarschaft.
Auch beim Umgang mit Regenwasser orientiert sich der HWC am natürlichen Kreislauf und dem Schwammstadtprinzip: Niederschläge sollen möglichst naturnah und vor Ort bewirtschaftet werden. So kommt Regenwasser beispielsweise Grünflächen zu Gute, wird in Teichen zurückgehalten und verdunstet, versickert über Mulden oder wird in nahegelegene Gewässer geleitet.
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