Pumpspeicherwerke können sehr schnell auf die aktuelle Stromproduktion und den -verbrauch reagieren: Schwankungen bei Windkraft und Solarenergie gleichen sie ebenso aus wie Lastspitzen und Schwachlastzeiten. Zudem stellen sie eine ausgereifte und günstige Technologie zum Speichern großer Strommengen dar: Eine Speicherkapazität von 13 Gigawattstunden (GWh) soll künftig das Pumpspeicherwerk Atdorf bieten, bei einer Turbinenleistung von 1400 Megawatt (MW). Etwa 1300 MW sollen es nach der gerade laufenden Erweiterung im luxemburgischen Pumpspeicherwerk Vianden sein. Damit gehört es zu den größten europäischen Pumpspeicherwerken Anlagen wie diese – sowohl was den Wirkungsgrad als auch was die Betriebssicherheit betrifft – zu optimieren, ist Gegenstand der Forschung von Thomas Mohringer vom Institut für Wasser und Gewässerentwicklung (IWG) des KIT.
Eines seiner Ziele ist, möglichst viel der Restenergie aus dem Wasser zu gewinnen, das im Turbinenbetrieb ins untere Becken eines Pumpspeicherwerkes strömt. Ober- und Unterbecken werden im Pumpspeicherwerk Atdorf mit einem neun Kilometer langen Stollen verbunden sein, der einen Durchmesser von neun Metern hat – das ist vergleichbar mit dem eines Autobahntunnels. Die Verluste in einer solchen Rohrleitung hängen von einem komplexen Zusammenspiel der Geschwindigkeit des Wassers, drallbehafteten Strömung und Krümmungseffekten ab. Zum Beispiel wird in einem Rohr mit größerem Durchmesser das Wasser langsamer, wodurch die Verluste durch Reibung geringer werden. „Würde man das Wasser, nachdem es die Turbinen durchlaufen hat, einfach aus dem Kraftwerk fließen lassen, ginge aber immer noch viel Geschwindigkeitsenergie verloren“, erläutert Thomas Mohringer. „Ein intelligent optimiertes Ein- und Auslaufbauwerk wirkt deshalb als Diffusor: Es bremst das Wasser allmählich ab, wandelt Geschwindigkeits- in Druckenergie um – und verbessert damit den Wirkungsgrad des Pumpspeicherwerks.“
Mohringer hat sich auf die Dimensionierung und den Entwurf dieser Bauwerke spezialisiert. Ein Detail dabei sind Trennpfeiler im Auslaufbereich. „Weitet sich das Auslaufrohr löst sich die Strömung häufig von einer Seite ab und fließt auf der anderen Seite entlang der Außenwand ab – auch dadurch entstehen Verluste. Setze ich aber einen Trennpfeiler ein, richtet er die Strömung gerade. Das reduziert die Verluste und bringt gleichzeitig einen kontrollierbaren Abfluss: Ich weiß genau, was das Wasser an welcher Stelle macht. Das erhöht wiederum die Planungssicherheit.“ Als weiteres Prinzip für die Verbesserung hat Thomas Mohringer in seinen Versuchen unter anderem die Aufweitung des Verzugsstücks identifiziert, das vom runden Querschnitt der Rohrleitung in den rechteckigen des Auslaufbereichs überleitet: Auch dieses verlangsamt die Strömung deutlich und bringt Verlusteinsparungen. Mit Verbesserungen wie diesen lässt sich der Gesamtwirkungsgrad vom Pumpspeicherwerken verbessern. „Prozentual gesehen liegt diese Verbesserung nur etwa im Bereich von 0,1 Prozent. Bedenkt man aber die enorme Leistung dieser Kraftwerke, heißt es, dass man bei einer Turbinenleistung von 1400 MW durch die Optimierung bis zu 1,4 MW Regelleistung mehr zur Verfügung hat, ohne dass Zusatzkosten entstehen. Das entspricht der Leistung einer Windkraftanlage – ohne Zusatzaufwand, einfach durch ein intelligentes Bauwerksdesign. Darüber hinaus wird die Betriebssicherheit durch die homogenere Strömung im Bauwerk erhöht“, so Mohringer.
In Variantenstudien hatte der Wasserbau-Ingenieur vorab unter anderem Pfeilerformen und -positionen sowie unterschiedliche Querschnitte und Austrittswinkel der Rohrleitung untersucht: jeweils sowohl in Versuchen am physikalischen Modell im Wasserbaulabor als auch in numerischen Simulationen. Die hybride Modellierung erlaubt es, die Vorteile beider Verfahren zu nutzen und die Ergebnisse zu vergleichen: „Im physikalischen Modell habe ich eine echte Strömung und ein reales Ergebnis, im numerischen kann ich ohne räumliche Beschränkungen im Naturmaßstab arbeiten und erhalte eine hohe Datendichte.“ Unter anderem zeigte der Vergleich zwischen den Geschwindigkeitsmessungen und den Daten aus der Numerik, dass die Ergebnisse beider Modelle sehr gut übereinstimmen. Ziel des Optimierungsansatzes ist es, die numerischen Berechnungen so weiter zu entwickeln, dass Ingenieure bei zukünftigen Planungen die Ergebnisse im physikalischen Modell nur noch überprüfen müssen – statt sie vollständig in aufwändigen Versuchen daran zu erarbeiten.
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