15. Juni 2023 ǀ Laut einer neuen Studie für das Umweltbundesamt (UBA) könnte die Spree diesen Sommer bis zu 75 % weniger Wasser führen und damit die Trinkwasserversorgung Berlins in Gefahr sein.
Konsequenzen für den Spreewald, Seen und Kanäle drohen
Mit Ende der Braunkohleförderung in der Lausitz wird viel weniger Grundwasser in die Spree gepumpt, was laut einer am Montag den 12. Juni 2023 veröffentlichten Studie des Umweltbundesamts dazu führen kann, dass der Fluss bis 75 % weniger Wasser führt. Hier drohen große Engpässe in der Wasserversorgung in den Sommermonaten. Dies kann Konsequenzen für Spreewald, seine Seen und Kanäle sowie die Trinkwasserversorgung in der Region Berlin haben.
Behördenchef Dirk Messner warnte: „In Berlin und Brandenburg könnte im schlimmsten Szenario das Wasser empfindlich knapp werden, wenn nicht entschlossen gegengesteuert wird. Die Länder Brandenburg, Berlin und Sachsen stehen vor entsprechenden Herausforderungen.“
Hintergrund des Problems ist, dass wegen des Bergbaus in der Lausitz der Wasserabfluss in der Spree über gut ein Jahrhundert künstlich verstärkt wurde: Für die Kohleförderung wurde Grundwasser abgepumpt und dort eingeleitet. Gut die Hälfte des Wassers, das der Fluss heute bei Cottbus führt, stammt aus abgepumptem Grundwasser. In heißen Sommern steigt der Anteil auf 75 Prozent. Seit dem Beginn des Braunkohleabbaus im 19. Jahrhundert wurden rund 58 Milliarden Kubikmeter Grundwasser – mehr als das Volumen des Bodensees – durch den Bergbau gefördert und in die Spree geleitet.
Haushalte sollen Wasser sparen und Seen als Wasserspeicher ausgebaut werden
Nach möglichen Lösungen wird bereits gesucht. Haushalte, Industrie und Landwirtschaft sollen mehr Wasser sparen. Außerdem schlägt die Studie nun vor, Talsperren und Wasserspeicher zu ertüchtigen und bestehende Seen als Wasserspeicher auszubauen. Außerdem sollten die Länder gemeinsam ausloten, wie sich Wasser aus anderen Regionen durch neue Rohrsysteme möglichst naturverträglich in die Spree pumpen lässt.
Eine Option wäre laut UBA notfalls auch, das Grundwasser vorerst weiter aus den Tagebauen abzupumpen und gereinigt in die Spree zu leiten.
Messner sagte, die drohende Wasserknappheit sei kein Grund, auf den Kohleausstieg zu verzichten: „Der Klimawandel ist das größte Problem, mit dem wir es zu tun haben. Er schafft schon heute Dürren und Wetterextreme. Der Kohleabbau war über Jahrzehnte schädlich für die Umwelt.“
Das Umweltnetzwerk Grüne Liga forderte, die Pflichten des Tagebaubetreibers LEAG nicht auszublenden.
„Das Unternehmen muss einen verursachergerechten Anteil der Kosten tragen, sonst droht ein neues Milliardengeschenk des Staates an die fossilen Konzerne“, erklärte René Schuster, Braunkohle-Experte des Verbandes.
Die Rohwasserbereitstellung für Berlins größtes Trinkwasserwerk in Friedrichshagen ist laut der Studie vom Wassermangel betroffen. Problematisch wird außerdem die Verdünnung des gereinigten Berliner Abwassers mit Spreewasser – etwa 220 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Gleichzeitig werden in den kommenden Jahrzehnten allein sechs Milliarden Kubikmeter Wasser zusätzlich benötigt, um die Tagebaurestlöcher aufzufüllen, damit diese nicht instabil werden.
Studie: Wasserwirtschaftliche Folgen des Braunkohleausstiegs in der Lausitz Studie: Prognostische Wasserbilanzierung für den Kohleausstieg in der Lausitz