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Brumadinho: Aufklärung der Dammbruch-Katastrophe

Am 25. Januar 2019 ereignete sich eine verheerende Katastrophe in der Nähe der Kleinstadt Brumadinho im Südosten Brasiliens, als der Damm eines Absetzbeckens in einer Eisenerzmine barst und eine gewaltige Lawine aus rund zehn Millionen Kubikmetern Schlamm freisetzte.

von | 19.01.24

Am 25. Januar 2019 ereignete sich eine verheerende Katastrophe in der Nähe der Kleinstadt Brumadinho.
Quelle: Eric Marmor

19. Januar 2024 ǀ Am 25. Januar 2019 ereignete sich eine verheerende Katastrophe in der Nähe der Kleinstadt Brumadinho im Südosten Brasiliens, als der Damm eines Absetzbeckens in einer Eisenerzmine barst und eine gewaltige Lawine aus rund zehn Millionen Kubikmetern Schlamm freisetzte, die das Minengelände überschwemmte, benachbarte Siedlungen zerstörte und mindestens 270 Menschenleben forderte.

Am 25. Januar 2019 ereignete sich eine verheerende Katastrophe in der Nähe der Kleinstadt Brumadinho im Südosten Brasiliens. Der Damm eines Absetzbeckens in einer Eisenerzmine barst, was zu einer gewaltigen Lawine aus rund zehn Millionen Kubikmetern Schlamm führte. Diese überschwemmte das Minengelände, zerstörte benachbarte Siedlungen und riss eine Eisenbahnbrücke mit sich. Mindestens 270 Menschen fanden den Tod und das Ökosystem des Paraopeba-Flusses unterhalb der Mine wurde ruiniert. Trotz eines Monitoringsystems konnte niemand die Katastrophe vorhersehen.

Die Folgen und Untersuchungen

Der Dammbruch zog mehrere Prozesse gegen die Minengesellschaft Vale und die Prüforganisation TÜV Süd nach sich. Letztere hatte dem Staudamm noch kurz vor dem Unglück eine hinreichende Standfestigkeit attestiert. Vale wurde zu einer Schadenersatzzahlung von umgerechnet rund sechs Milliarden Euro verurteilt. Ein Untersuchungsausschuss vermutete langsame mikroskopische Verschiebungen (sogenanntes Kriechen) in den abgelagerten Tailingsschichten als Ursache des Unglücks, konnte dies aber nicht mit einem glaubwürdigen physikalischen Mechanismus belegen.

Die Aufklärung

Eine Studie von Professor Alexander Puzrin, Vorsteher des Instituts für Geotechnik der ETH Zürich und Experte für die Modellierung von Erdrutschen, liefert nun Aufklärung. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben Ursachen des Dammbruchs mit einem Modell untersucht und dabei einen physikalischen Mechanismus identifiziert, der das Bergbauunglück erklärt. Sie vermuten, dass sogenannte Kriechverformungen, kleinste, langsame Erdverschiebungen in den feinkörnigen, spröden Tailings, die durch die ungleiche Druckverteilung in den darüber liegenden Ablagerungen hervorgerufen werden, die Ursache für das Wachstum der Gleitfläche sind.

«Andere Auslöser wie Regenfälle und Bohrungen können das Wachstum der Gleitfläche zwar beschleunigen», sagt Puzrin, «aber unser Modell zeigt, dass Kriechverformungen allein ausreichen, damit die Gleitfläche die kritische Ausdehnung für einen Dammbruch erreicht.»

Beunruhigende Befunde und globale Relevanz

Die Untersuchungsergebnisse sind in zweierlei Hinsicht alarmierend: Die Gleitfläche, die für die Katastrophe verantwortlich war, bildete sich offenbar zu einem Zeitpunkt, als das Absetzbecken nicht mehr mit neuen Tailings beladen wurde, also ohne zusätzliche äußere Belastung. Zudem führte das Wachstum der Gleitfläche zu keiner deutlichen äußeren Verformung des Damms, die das Monitoringsystem hätte erkennen können.

Absetzbecken für Aufbereitungsrückstände aus dem Abbau von Eisenerz und anderen mineralischen Gesteinen sind weltweit weit verbreitet. Seit 2000 wurden jährlich fünf bis sechs Fälle registriert, in denen Dämme aus verschiedenen Gründen beschädigt wurden oder versagten. Nach der Katastrophe von Brumadinho und ähnlichen Unglücken hat Brasilien Absetzbecken mit Dämmen nach dem Upstream-Prinzip stillgelegt. Die ETH-Studie zeigt jedoch, dass die Gefahr keineswegs gebannt ist, wenn ein Absetzbecken nicht mehr mit neuen Tailings beladen wird.

Neue Möglichkeiten zur Risikovorhersage

Dammbrüche wie in Brumadinho sind mit klassischen Monitoringsystemen bisher nicht vorhersehbar.

Die ETH-Studie eröffnet hier nun neue Möglichkeiten: “Unser Modell kann für bestehende Dämme eine Risikoanalyse durchführen und die Wahrscheinlichkeit eines Dammbruchs vorhersagen”, sagt Puzrin.

Bei Feststellung eines hohen Risikos sind verschiedene Maßnahmen denkbar: Die Gefahr lässt sich durch Abpumpen des Wassers aus den Bohrungen in Absetzbecken reduzieren. Oder das Absetzbecken wird zurückgebaut. In dringenden Fällen können gefährdete Dörfer zum Schutz der Bevölkerung vorübergehend evakuiert werden, bis die Gefahr gebannt ist. Die Erkenntnisse der ETH-Studie sind relevant für alle Absetzbecken für Aufbereitungsrückstände aus dem Erzabbau. Denn immer wenn die Rückstände aus feinkörnigem, sprödem Material bestehen, können sich im ungünstigen Fall Gleitflächen bilden, über die das abgelagerte Material ins Rutschen gerät und den Damm beschädigt.

Anwendbarkeit auf Stauseen

Die Situation bei Stauseen, bei denen ein Erddamm Wasser aufstaut, ist nicht direkt vergleichbar.

Allerdings können die neuen Erkenntnisse auch hier einen Beitrag zur Sicherheit leisten, wie Alexander Puzrin festhält: “Unsere Erkenntnisse geben Hinweise, wie die Sicherheit von Erddämmen im Erdbebenfall weiter verbessert werden kann. Insofern leistet unsere Arbeit einen Beitrag zur generellen Sicherheit von Stauanlagen.”

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