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Hochwasser und Sturzfluten durch Tief „Bernd“: Möglichkeiten und Grenzen der Starkregenvorsorge

"Ein absoluter Schutz gegen die negativen Auswirkungen von Überflutungen durch Starkregen ist nicht möglich."  ist unter anderem in der Strategie für ein Starkregenmanagement der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) nachzulesen. Möglicherweise haben die getroffenen Maßnahmen aber dazu beigetragen, Menschenleben zu retten.

von | 16.07.21

Die Starkregenfälle durch das Tief „Bernd“ im Westen Deutschlands und vorangegangene Überflutungen in Sachsen und Süddeutschland im Zeitraum 13.  – 15. Juli haben zu verheerenden Überflutungen und Zerstörungen geführt. In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sind über 160 Todesopfer zu beklagen. Diese Extremwetterereignisse nahm das Umweltbundesamt zum Anlasss, eine Liste von Projektbeispielen zur Starkregenvorsorge für Kommunen zu veröffentlichen und auf weitere Publikationen und Informationen hinzuweisen. Die Projekte reichen von Kommunikationsinstrumenten zur Informierung und Aktivierung von Bürger:innen zur Eigenvorsorge über Maßnahmen zur kommunalen Überflutungsvorsorge bis zur Renaturierung von Fließgewässern mit Schaffung von Überflutungsflächen. Einige der betroffenen Kommunen hatten bereits umfangreiche Maßnahmen zur Vorsorge umgesetzt. Diese reichten nicht aus, um die betroffenen Ortsteile vor Überflutungen zu schützen. „Ein absoluter Schutz gegen die negativen Auswirkungen von Überflutungen durch Starkregen ist nicht möglich.“  ist unter anderem in der Strategie für ein Starkregenmanagement der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) nachzulesen. Möglicherweise haben die getroffenen Maßnahmen aber dazu beigetragen, Menschenleben zu retten.

Beispiel Solingen

Die Technischen Betriebe Solingen (TBS) haben vor einiger Zeit ihe klassische Entwässerungsplanung zur einer „integralen Entwässerungsplanung“ zusammengefasst. Nunmehr werden Kanalnetzbewirtschaftung, Grundstücksentwässerung, Wasserbewirtschaftung und Überflutungsschutz in einem einzigen Sachgebiet umgesetzt, welches den Überflutungsschutz als Kümmerer für die Stadt koordiniert. Damit veränderten die TBS nicht nur Inhaltliches sondern auch Organisatorisches. Im Ergebnis wird das Kanalnetz nicht mehr als alleinige Entwässerungs-Option angesehen. So kommt die Kommune beim Überflutungsschutz zu neuen, auch „oberflächigen“ Lösungen: Entsiegelungs- sowie Begrünungsmaßnahmen vermindern und Retention drosselt den ⁠Abfluss⁠. Neue Notwasserwege ermöglichen nun den schadlosen Abfluss durch Siedlungsgebiete. Zusätzlich wurden durch Analyse- und Simulationsverfahren Überflutungsschwerpunkte identifiziert und angepasst. Die Stadt kennt jetzt das Risikopotential für einzelne Infrastrukturen. Bei Infrastrukturplanungen wird der Beitrag jeder Maßnahme zum Überflutungsschutz ämterübergreifend abgestimmt. Um Private mit in die Pflicht zu nehmen, baute die TBS ein Beratungs-, Warn- und Informationskonzept auf, welches neben Flyern, eine Webseite, Beratung, eine Online-Selbsteinschätzung und eine StarkregenwarnApp umfasst. Für den Aufbau der „integralen Entwässerungsplanung“ erhielt die Stadt 2018 vom UBA den Preis des „Blauen Kompass“. Beim aktuellen Starkregen war der Eschbach aufgrund der großen Wassermassen und eines Rückstaus an seiner Mündung in die Wupper über die Ufer getreten, wie das Video des Solinger Tageblatts zeigt:

Wie Georg Wulf, Vorstand des Wupperverbands dem Solinger Tageblatt am Tag nach der Überflutung mitgeteilt hatte, seien bei derartigen Wassermassen keine baulichen Schutzvorrichtungen möglich. Allerdings ist man beim Wupperverband überzeugt, dass der vor gut einem Jahr fertiggestellte Schutz mit den erneuerten Mauern und dem tiefergelegten Bett des Eschbachs die Überflutungen in Unterburg zumindest hinausgezögert hat.

Beispiel Arnsberg

Arnsberg hatte Konsequenzen gezogen aus zwei verheerenden Starkregen, die im Sommer 2007 mehrere Ortsteile überfluteteten. Zum Schutz vor zukünftigen Extremwetterereignissen hat die Stadt ein Hochwasserschutzkonzept geplant und innerhalb kurzer Zeit Maßnahmen umgesetzt wie die Renaturierung und Verbreiterung mehrerer Bäche im Stadtgebiet. Bei einem erneuten Starkregen im Jahr 2010 konnten Schäden verhindert werden, die ohne die Maßnahmen eingetreten wären. Maßgeblich für den schnellen Erfolg des Projektes war die systematische Einbindung der Betroffenen. Die Beteiligten aus Verwaltung und Bevölkerung arbeiteten engagiert mit den Ingenieurbüros zusammen, die die Maßnahmen durchführten. Mehr Informationen im Video.

Ausgelöst durch den Starkregen am 14. Juli sind in Arnsberg die Flüsse Ruhr und Röhr über die Ufer getreten und haben zu zahlreichen Feuerwehreinsätzen, der Evakuierung einer Straße, einer Flüchtlingsunterkunft sowie eines Ferienlagers in der Schützenhalle geführt. Unter dem Eindruck der aktuellen Ereignisse betonte Arnsbergs Bürgermeister Ralf Paul Bittner: „Wir mussten dramatische Stunden erleben. Das Starkregenereignis um Sturmtief Bernd zeigt vor Ort aktuell ganz deutlich, wie wichtig es ist die Folgen von Klimaveränderungen und deren Auswirkungen sehr ernst zu nehmen: Selbst eine große Maßnahme wie die Renaturierung der Ruhr kann nicht solche Wassermassen aufnehmen.“

Starkregenvorsorge: Identifikation von Überflutungsgebieten mittels KI

Mindestens für die Erstabschätzungen von Überflutungsgefahren kann zukünftig die Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) eine Rolle spielen. Bei der Vermittlung von Starkregengefahren gegenüber der Öffentlichkeit oder der Politik können neuartige Techniken der Visualisierung, auch mit der Unterstützung von VR-Brillen, eine Verbesserung der Risikokommunikation bewirken. In ihrem Fachbericht in gwf Wasser|Abwasser 11/2020 beschreiben Sebastian Arns, Jonas Beck und Christoph Klüber den Einsatz von künstlicher Intelligenz und virtueller Realität innerhalb der Risikokommunikation.

 

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

Die Lenne in Hagen am 15. Juli 2021 Foto: Sina Ruhwedel

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