Ebenso erfolgte die Eröffnung des Neubaus des Laboratoriums des Instituts für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen (ISA) anlässlich dieser Festveranstaltung. Dadurch wird auch die enge Verzahnung von wasserwirtschaftlicher Praxis, Forschung und Lehre deutlich, die sich zudem auch im die Ozonungsanlage begleitenden DemO3AC-Projekt dokumentiert.
Durch die Teilnahme von Herrn Dr. Heinrich Bottermann, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, wird die große Wertschätzung deutlich, die die Arbeit des WVER – auch in Zusammenarbeit mit dem ISA und einer Vielzahl von weiteren Instituten der RWTH – auf Landesebene genießt.
25 Jahre WVER: im Dienst der Region und ihrer Menschen
Am 01. Januar 1993 nahm der WVER seine Arbeit auf. Als sondergesetzlicher Wasserverband übernahm er zentrale wasserwirtschaftliche Aufgaben im nordrhein-westfälischen Einzugsgebiet der Rur von Kommunen, Kreisen und einer Vielzahl von kleineren Vorgängerverbänden. Damit ist er Garant für eine ganzheitliche Gewässerbewirtschaftung.
Als moderner Dienstleister rund um das Wasser übernimmt er Verantwortung für eine nachhaltige wasserwirtschaftliche Entwicklung und sichert damit den Erfolg für die Region und die Menschen, die in ihr leben. Durch seine Tätigkeit hilft der Verband mit, Arbeitsplätze zu sichern, Kommunen Entwicklungsmöglichkeiten zu geben und trägt zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen bei.
Der WVER reinigt in 44 Kläranlagen von der Nordeifel bis ins Heinsberger Land und von Aachen bis Düren das anfallende häusliche sowie industrielle Abwasser. Im Zusammenhang mit der Abwasserreinigung betreut er zudem etwa 800 Sonderbauwerke wie Regenrückhaltebecken und Pumpstationen. Ebenso unterhält er 1900 km Gewässerstrecken und erfüllt Aufgaben des Hochwasserschutzes an den Fließgewässern z. B. durch zahlreiche Hochwasserrückhaltebecken, aber auch durch Deiche. Außerdem betreibt er in der Nordeifel sechs Talsperren und stützt aus seinen Wasservorräten die Trinkwasseraufbereitung in der Region für etwa 800 000 Menschen mit durchschnittlich 30 Mio. Kubikmetern besten Rohwassers und stellt die Brauchwasserversorgung von Wasser nutzenden Industrie- und Gewerbebetrieben zuverlässig sicher.
Innovativ passt er sein Handeln an die sich verändernden Herausforderungen der Wasserwirtschaft an und setzt durch seine Nähe zur Forschung neueste Erkenntnisse um. Der Verband hat seinen Sitz in Düren und ca. 600 Beschäftigte. Das Verbandsgebiet umfasst eine Fläche von 2.087 km², darin leben ca. 1,1 Mio. Menschen.
Die Bereitschaft des Verbandes zu kooperativem Handeln und zur Berücksichtigung neuester technischer Verfahren zeigt sich auch im Bau und der Inbetriebnahme der Ozonungsanlage auf der Kläranlage Aachen-Soers.
Innovative Abwasserreinigung: Ozon gegen Spurenstoffe und Keime
Spurenstoffe im Abwasser
Jeder Mensch nutzt im Alltag eine Vielzahl chemischer Substanzen, so etwa in Medikamenten oder Haushaltschemikalien. Hinzu kommen aber auch Stoffe wie Industriechemikalien und Pestizide. Diese gelangen über die Kanalisation in Kläranlagen und können dort nur zum Teil abgebaut werden. Oft kommen diese Stoffe nur in kleinsten Konzentrationen (Spurenbereich) vor und sind erst mit modernen Messmethoden überhaupt erfassbar. Um diese „Spurenstoffe“ aus dem Abwasser zu entfernen, wurden in den letzten Jahren verschiedene Verfahren erprobt, von denen sich vor allem die Behandlung des Abwassers mit Aktivkohle oder mit Ozon bewährt hat. Hinzu kommt aber auch, dass durch eine Ozonung eine bessere Desinfektion des Abwassers erreicht wird, indem Bakterien und Viren, darunter auch antibiotikaresistente Keime, deutlich reduziert werden.
Großtechnische Ozonungsanlage auf der Kläranlage Soers
Der WVER reinigt nun im Rahmen seines vom Land NRW hoch geförderten Projektes „DemO3AC“ (Demonstrationsvorhaben Ozonung des Abwassers auf der Kläranlage Aachen-Soers) den kompletten Abwasserstrom der Großkläranlage in einer großtechnischen Ozonungsanlage. Sie ist die größte ihrer Art in der Europäischen Union. Anhand der großtechnischen Ozonungsanlage will der Verband untersuchen, ob eine Reduzierung der menschengemachten (anthropogenen) Gewässerbelastung sich positiv auf das aquatische Leben, die so genannte Biozönose, auswirkt, und ob sich die Gewässerqualität messbar verbessert. Das Ozon ist in der Lage, einen Großteil der im Abwasser befindlichen Spurenstoffe zu entfernen. Die Kläranlage Aachen-Soers bietet sich für die Errichtung einer Ozonungsanlage an, weil ihr Ablauf einen hohen Anteil der Wasserführung der Wurm ausmacht, bei Trockenwetter bis zu 70 %. Durch diesen hohen Anteil sollte sich zeigen, ob und inwieweit die Entfernung von Spurenstoffen durch eine Ozonungsanlage den Gewässerzustand verbessert. Zur Evaluierung möglicher Effekte wurde der durch den Eintrag aus der Kläranlage belastete Fluss in multidisziplinärer Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen bereits geraume Zeit der Inbetriebnahme der Ozonung überwacht. Dies wird auch mit der Inbetriebnahme fortgesetzt. Neben der Messung von Spurenstoffen und Standardparametern zur Feststellung der Gewässerbeschaffenheit wurden und werden umfassende biologische Testverfahren an ein- und mehrzelligen Lebewesen durchgeführt, um mögliche Wirkungen zu erkennen. Ein weiteres Ziel des Großversuchs ist es, zusammen mit den Erkenntnissen aus einer bisher bereits beim Verband eingesetzten Versuchsanlage im Pilotmaßstab ggf. zu errichtende Ozonungsanlagen auf kommunalen Kläranlagen optimal bemessen zu können. Dem Projekt kommt damit eine hohe fachtechnische Bedeutung und hohe internationale Aufmerksamkeit zu.
Technische Daten des Bauwerks
Die Ozonungsanlage behandelt in der Regel den so genannten Trockenwetterabfluss von bis zu 1200 l/sec. Damit sind 95 % aller tatsächlichen Zuflüsse abgedeckt. Die maximal mögliche Wassermenge, die in der Anlage behandelt werden kann, liegt bei ca. 3000 l/sec, was der maximal möglichen Aufnahmekapazität der Kläranlage bei Niederschlagsereignissen entspricht. Pro Jahr werden in der Ozonungsanlage ca. 25 Mio. m³ Abwasser behandelt.
Bauverlauf
Der Bau der Anlage begann im März 2017, innerhalb von nur sieben Monaten konnte der Rohbau hochgezogen werden. Dazu wurden ca. 10 000 m³ Erdmassen ausgehoben und 5000 m³ Beton sowie 800 t Baustahl verbaut. Danach wurden die weiteren technischen Installationen vorgenommen.
Kosten der Anlage
Die gesamten Errichtungskosten inklusive der noch folgenden Optimierung der Nachklärung belaufen sich auf ca. 13,6 Mio. €; davon werden 70 % durch die NRW-Bank über das Land Nordrhein-Westfalen als Förderzuschuss getragen.
Für die heute einzuweihende Ozonungsanlage wurden insgesamt 9,8 Mio. € aufgewendet. Davon entfallen 5,6 Mio. € auf die Bautechnik, 3,2 Mio. € auf die Maschinentechnik und 1,0 Mio. € auf die elektro- und automatisierungstechnischen Komponenten (inkl. Ing.-Leistungen). Für die Mitglieder des WVER ergeben sich dadurch Behandlungskosten in Höhe von etwa 5 Cent/m³ (Kapital- und Betriebskosten). Je angeschlossenem Einwohner bedeutet dies eine durchschnittliche Mehrbelastung von 2,65 € pro Jahr. Das parallel durchgeführte Forschungsprojekt DemO3AC wird zu 80 % durch das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MULNV) gefördert.
Ablauf der Ozonung
Die Ozonungsanlage ist hinter der Nachklärung der bestehenden Kläranlage Aachen-Soers angeordnet. Dadurch wird erreicht, dass sie weitestgehend feststofffreies Abwasser behandeln kann. Das Ozon wird aus reinem Sauerstoff vor Ort erzeugt, da es instabil und nicht lagerfähig ist. Zur Gewinnung des Ozons steht ein Sauerstofftank mit einer Kapazität von 50 t Flüssig-Sauerstoff (O2) zur Verfügung. Der Sauerstoff wird dann in drei Ozongeneratoren unter Zuhilfenahme von elektrischer Energie in Ozon (O3) umgewandelt (maximal 34 kg Ozon in der Stunde).
Das Abwasser strömt in zwei Becken mit einem Volumen von je 1080 m³ und einer Breite von 10 m, einer Länge von 20 m und einer Höhe von 6 m (Reaktionsraum). Ein Gemisch aus Ozon und Sauerstoff wird über Gasverteilungssysteme (Diffusoren) im Reaktionsraum eingeblasen und mit dem in der Kläranlage in den vorhergehenden Reinigungsschritten bereits weitgehend von Feststoffen gereinigten Abwasser vermischt. Bei den Diffusoren handelt es sich um jeweils 56 tellerförmige Keramik-Belüfter, die das Ozon mit dem Abwasser in Kontakt bringen, sodass es mit den Spurenstoffen reagiert.
Im Reaktionsraum oxidiert das Ozon die organischen Abwasserbestandteile. Dabei werden Spurenstoffe oxidiert und die Anzahl der Keime reduziert. Während der Ozonung findet sowohl eine direkte Reaktion (mit Ozonmolekülen) als auch eine indirekte Reaktion mit während der Ozonung gebildeten sog. Hydroxylradikalen (einem reaktionsfreudigen Molekül aus einem Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom) mit den Spurenstoffen statt.
Zur Anlage gehört auch eine Restozonvernichtung, mit der verhindert wird, dass Ozon in die Luft gelangt. Ebenso wird der Ablauf der Ozonungsanlage fortlaufend überwacht, um sicherzustellen, dass kein gelöstes Ozon mehr im ablaufenden Abwasserstrom verbleibt.
Erwartungen an die Ozonung
Derzeit werden auf der Kläranlage bereits durchschnittlich ~50 % der Spurenstoffkonzentrationen eliminiert. Der verbleibende Rest wird jedoch in die Wurm entlassen. Damit stellt die Kläranlage einen wesentlichen Eintragspfad für Spurenstoffe in die Wurm dar.
Mit der Ozonung werden zusätzlich ca. 80 % bis 90 % der Spurenstoffe eliminiert. Für die Wurm ergibt sich dadurch eine maßgebliche Entlastung der eingetragenen Spurenstofffrachten. In Bezug auf Keime reduziert die Ozonung beispielsweise E. coli oder Enterokokken um 1,5 bis 2 log-Stufen. Das Ozon reduziert darüber hinaus auch antibiotikaresistente Keime maßgeblich.
Informationen finden Sie auf der Homepage des WVER.