Der genau Titel der Verordnung lautet „Zweiundvierzigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme und Nassabscheider“ – oder kurz: 42. BImSchV. Sie orientiert sich an den Richtlinien VDI 2047 „Hygiene bei Verdunstungskühlanlagen“ und VDI 3679 „Nassabscheider“. Der VDI Verein Deutscher Ingenieure begrüßt daher das Inkrafttreten der Verordnung als wichtige Maßnahme zum Schutz der Menschen vor Legionellenausbrüchen wie 2010 in Ulm, 2013 in Warstein und zuletzt 2016/2017 in Bremen.
Hohe Letalität bei Legionellenpneumonie
Prof. Dr. med. Caroline Herr, Vorsitzende des Gemeinschaftsausschusses „Bioaerosole und biologische Agenzien“ der VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft – Normenausschuss, sieht Legionellenpneumonie als eine der umweltmedizinisch bedeutsamsten Krankheiten und verweist auf die hohe Letalität: „Es muss bei Ausbrüchen davon ausgegangen werden, dass 10 bis 15 Prozent der Erkrankten sterben, und weitere bleibende Einschränkungen davontragen.“ Rainer Kryschi hat 2010 nach dem Ausbruch in Ulm die Erarbeitung der Richtlinie VDI 2047 initiiert und ist Vorsitzender des Richtlinienausschusses. Er ist sicher: „Verdunstungskühler und Nassabscheider sind für viele industrielle Prozesse unverzichtbar. Das Risiko der Legionellenvermehrung in solchen Anlagen besteht bei Anlagen jeder Größenordnung, ist jedoch bei ordnungsgemäßem Betrieb beherrschbar.“
Vorsorgegrundsatz für Betreiber
Die 42. BImSchV orientiert sich am Vorsorgegrundsatz. Sie erlegt den Betreibern von Verdunstungskühlanlagen insbesondere die Pflicht auf, sich Klarheit über mögliche Gefährdungen für die Rechtsgüter Dritter zu verschaffen, und zwar auf dem Stand der Technik. Dabei ist „Stand der Technik“ keine Floskel, sondern ein klar definiertes Schutzniveau, das über im Allgemeinen gängige Maßnahmen deutlich hinausgeht. Auf der Basis des Stands der Technik, für den der Verordnungsgeber in seiner Begründung zur Verordnung die beiden genannten VDI-Richtlinien als maßgeblich identifiziert, muss der Betreiber eine Gefährdungsbeurteilung erstellen oder erstellen lassen. Diese leitet aus der konkret vor Ort gegebenen Anlagensituation einzelfallbezogene Schutzmaßnahmen ab.
Ingenieure und Juristen sind sich einig
Rechtsanwalt Hartmut Hardt, Mitglied im Vorstand der VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik, erläutert dazu: „Ohne die einzelfallbezogene Gefährdungsanalyse ist nicht zu bestimmen, wie der Betreiber seinen Schutzpflichten nachzukommen hat. Die Analyse der Gefährdungen ist daher Herzstück der Richtlinie VDI 2047 und der Umsetzung der 42. BImSchV.“ Der Aufwand für diese Gefährdungsbeurteilung wird von Anlagenbetreibern jedoch kritisch gesehen. Sie glauben, er sei gerade bei kleinen Anlagen nicht gerechtfertigt. An dieser Stelle sind sich Ingenieure und Juristen jedoch absolut einig. Rainer Kryschi stellt fest: „Sind in der Anlage Bedingungen gegeben, unter denen die Vermehrung von Legionellen zu erwarten ist, ist das Risiko bei Anlagen jeder Größe – auch bei kleineren Anlagen – einfach zu groß!“ Und Hartmut Hardt setzt hinzu: „Auf die Gefährdungsbeurteilung zu verzichten ist, als würde ein Fußballspiel nur auf der Tafel und nicht auf dem Platz stattfinden. Wichtig ist auf dem Platz. Darum stellt der Verordnungsgeber in der Begründung zu § 3 Abs. 4 der 42. BImSchV fest, dass die Risikoanalyse der Identifizierung der hygienisch kritischen Stellen und Betriebszustände dient. Es ist ein Unterschied, ob ein Hundehalter einen Kampf- oder einen Schoßhund hat. Die Bezeichnung „Hund“ allein wird nicht ausreichen.“