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Wie Arzneimittelrückstände in die Umwelt gelangen

Schmerzmittel, Antibiotika, Blutdrucksenker oder Psychopharmaka: Rückstände von Medikamenten gelangen meist über das häusliche Abwasser in die Umwelt. Das ISOE versucht nun Wissenslücken zu schließen und auf Umweltrisiken aufmerksam zu machen.

von | 04.11.20

Viele Fragen rund um das Thema Entsorgung von Medikamenten sind in medizinisch-pharmazeutischen Kreisen häufig ungeklärt. Das versucht das ISOE nun zu ändern.

Doch viele Verbraucher wissen gar nicht, dass sie durch die Einnahme und falsche Entsorgung von Medikamenten zu diesem Umweltproblem beitragen. Um die Wissenslücken zu schließen, sind Ärztinnen und Apotheker gefragt, denn ihnen kommt eine Schlüsselrolle in der Kommunikation von Umweltrisiken und Arzneimitteln zu.

Über Urin ins Abwasser

Das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung hat untersucht, wie die beiden Berufsgruppen für das wichtige Umwelt- und Verbraucherthema sensibilisiert und geschult werden können. Vielen Verbrauchern ist dieser Nebeneffekt beim Gebrauch von Medikamenten nicht bewusst: Der Wirkstoff wird nicht vollständig vom Körper abgebaut und über den Urin und den Stuhl wieder ausgeschieden. So gelangen über das Abwasser große Mengen an Arzneimittelwirkstoffen in die Kläranlagen.

Kläranlagen können Stoffe nicht abbauen

Trotz hohem technischen Aufwand können die Anlagen die Vielzahl an chemischen Verbindungen nicht vollständig abbauen. Über den Ablauf der Kläranlagen in die Flüsse und Seen finden die Medikamentenrückstände ihren Weg dann in die Umwelt, in die Gewässer und ins Grundwasser. Derselbe Effekt entsteht bei falscher Entsorgung von Medikamenten über die Toilette. Wie groß die Wissenslücken gerade bei der sachgemäßen Entsorgung sind, zeigte eine Befragung des ISOE aus dem Jahr 2014. „Damals gaben 47 Prozent der Befragten an, flüssige Medikamentenreste mitunter über die Spüle oder die Toilette, also falsch zu entsorgen“, berichtet die ISOE-Forscherin Martina Winker. „Es war offensichtlich, dass Verbraucher besser über die Einnahme und richtige Entsorgung informiert werden müssen, um mögliche Umweltrisiken zu vermeiden,“ so Winker. „Die Frage war: von wem?“

Im Medizin- und Pharmaziestudium verankern

In den Fortbildungsveranstaltungen, die das ISOE gemeinsam mit der Landesärztekammer und der Landesapothekenkammer Baden-Württemberg angeboten hat, hatten sich auch bei diesen für den Umgang mit Medikamenten zentralen Berufsgruppen Informationsdefizite gezeigt. „Nicht allen Medizinerinnen und Medizinern war zum Beispiel klar, dass die Entsorgung von Arzneimittelresten über den Restmüll erfolgen muss“, berichtet Winker. „Zudem fanden wir es bemerkenswert, dass das Thema Arzneimittelrückstände in der Umwelt trotz seiner Bedeutung auch im Medizin- und Pharmaziestudium nicht verankert ist. Hier ist noch viel Spielraum, um Wissenslücken zu schließen.“

Handbuch zur Wissensvermittlung

Helfen kann dabei ein Handbuch, das unter Federführung der ISOE-Forscherin im Auftrag des Umweltbundesamtes gerade erschienen ist. Es gibt Empfehlungen für Multiplikatoren wie Bundes- und Landesapothekerkammern, Stiftungen, Akademien, Hochschulen und Universitäten und zeigt, wie didaktische Konzepte für Aus- und Fortbildungsveranstaltungen in der Pharmazie konkret aussehen können. Auch zu Lehrformaten, die sich gezielt an Medizinerinnen und Mediziner wenden, damit diese ihre Patienten sachgemäß über den umweltbewussten Umgang mit Medikamenten informieren können, liegen Konzepte, Formate und Publikationen vor.

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