Zebrafisch enthüllt Geheimnisse der Blutzuckerregulation und Vitamin B6 Rolle
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Nikolay Ninov am Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD) hat entdeckt, dass eine spezielle Gruppe von „First Responder Zellen“ in der Bauchspeicheldrüse entscheidend für die Blutzuckerregulation ist. Ihre Forschungen am Zebrafisch, dessen Bauchspeicheldrüse ähnlich wie die des Menschen funktioniert, wurden in der Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht und könnten zur Entwicklung besserer Diabetestherapien beitragen.
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Nikolay Ninov am Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD) der TU Dresden hat einen bedeutenden Fortschritt erzielt. Sie entdeckten in der Bauchspeicheldrüse eine besondere Gruppe von „First Responder Zellen“, die eine entscheidende Rolle bei der Regulation des Blutzuckerspiegels spielen. Ihre Forschungsergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht.
Die präzise Regulierung des Blutzuckerspiegels ist für unseren Körper lebenswichtig, da sowohl erhöhte als auch erniedrigte Werte gefährlich sein können. Bei Diabetes ist dieses Gleichgewicht gestört, was schwerwiegende gesundheitliche Probleme verursachen kann. Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse sind für die Ausschüttung von Insulin verantwortlich, wenn der Blutzuckerspiegel ansteigt. Ein besseres Verständnis der Funktionsweise dieser Beta-Zellen und ihrer Reaktion auf steigenden Blutzucker kann zur Entwicklung effektiverer Diabetestherapien führen.
„Bei der Betrachtung der Bauchspeicheldrüse fragten wir uns, ob alle Beta-Zellen tatsächlich gleich empfindlich auf Zucker reagieren. Frühere Studien deuteten darauf hin, dass einige empfindlicher sein könnten als andere“, sagt Prof. Nikolay Ninov, Forschungsgruppenleiter am CRTD in Dresden.
Der Zebrafisch als Modellorganismus in der Diabetesforschung
Um die Arbeit der Bauchspeicheldrüse zu verstehen, wandte sich Ninovs Team dem Zebrafisch zu. Dieser kleine tropische Fisch besitzt eine Bauchspeicheldrüse, die ähnlich funktioniert wie die eines Menschen. Gleichzeitig bietet der Zebrafisch einen enormen Vorteil: Forschende können transparente, pigmentlose Fische verwenden und die Arbeit der Bauchspeicheldrüse direkt im lebenden Tier beobachten.
Der Zebrafisch (Danio rerio) ist ein kleiner Süßwasserfisch, der ursprünglich aus Südasien stammt, insbesondere aus den Flusssystemen in Indien, Pakistan, Bangladesch, Nepal und Myanmar. Dieser Fisch lebt in einer Vielzahl von Süßwasserhabitaten, darunter stehende und langsam fließende Gewässer wie Bäche, Teiche, Reisfelder und Überschwemmungsgebiete.
Aufgrund seiner einfachen Haltung und Fortpflanzung sowie seiner genetischen und physiologischen Ähnlichkeiten zu anderen Wirbeltieren, einschließlich Menschen, wird der Zebrafisch häufig als Modellorganismus in der biologischen und medizinischen Forschung eingesetzt.
Das Team entdeckte, dass eine kleine Gruppe von Beta-Zellen empfindlicher auf den Blutzuckerspiegel reagiert als die anderen Zellen. Diese Zellen reagieren schneller auf Glukose als der Rest der Zellen, daher bezeichnet Ninovs Team sie als „First Responder Zellen“ oder „erst reagierende Zellen“. Diese Zellen lösen die Glukoseantwort aus, gefolgt von den verbliebenen „Nachfolgerzellen“.
Die Schlüsselrolle der First Responder Zellen in der Blutzuckerregulation
Die Forscher wollten herausfinden, ob die Nachfolgerzellen auf die First Responder Zellen angewiesen sind. Dazu verwendete Ninovs Team die transparenten Zebrafische und die Optogenetik, eine fortschrittliche Technologie, die es ermöglicht, einzelne Zellen durch Lichtstrahlen zu aktivieren oder zu deaktivieren. Als die First Responder Zellen ausgeschaltet wurden, reagierten die Nachfolgerzellen weniger auf den Blutzuckerspiegel. Umgekehrt wurde die Reaktion der Nachfolgerzellen verstärkt, wenn die First Responders gezielt aktiviert wurden.
„Die First Responder Zellen sind die Spitzenreiter in der Beta-Zell-Hierarchie bei der Kontrolle der Zuckerreaktion“, erläutert Prof. Ninov. „Interessanterweise machen sie nur etwa 10% der Beta-Zellen aus. Dies deutet darauf hin, dass diese kleine Zellgruppe als Kontrollzentrum für die Aktivitätsregulation der übrigen Beta-Zellen fungiert.“
Die First Responder Zellen sind nicht an einem bestimmten Ort konzentriert, sondern über die gesamte Bauchspeicheldrüse verteilt. Um ihre Einzigartigkeit zu verstehen, verglichen die Forschenden die Genexpression der empfindlichen Zellen mit weniger empfindlichen Zellen. Dabei entdeckten sie, dass First Responder Zellen an der Produktion von Vitamin B6 beteiligt sind. Sie produzieren ein Schlüsselenzym, das die inaktive Form von Vitamin B6 aus der Nahrung in die aktive Form umwandelt, die für die Zellen nutzbar ist.
In Zusammenarbeit mit dem Team von Prof. Guy Rutter an der Universität Montreal schalteten die Forschenden die Vitamin-B6-Produktion sowohl in der Bauchspeicheldrüse von Zebrafischen als auch von Mäusen aus. Dadurch wurde die Fähigkeit der Beta-Zellen, auf hohen Blutzucker zu reagieren, bei beiden Arten erheblich reduziert.
„Das deutet darauf hin, dass Vitamin B6 eine evolutionär konservierte Rolle bei der Glukosereaktion spielt. Möglicherweise stellen die First Responders Vitamin B6 her und liefern es den anderen Beta-Zellen, um deren Aktivität zu regulieren. Dies genauer zu untersuchen, ist einer unserer nächsten Schritte“, erklärt Prof. Ninov.
Zebrafisch / Quelle: Pixabay/ Kuznetsov_Peter
Die Bedeutung von Vitamin B6 für die Glukoseantwort und Diabetesforschung
„Wir wissen jetzt, dass es spezifische Zellen gibt, die die Glukoseantwort einleiten, und dass Vitamin B6 für diesen Prozess essentiell ist“, sagt Prof. Ninov.
Vitamin B6 dient als Co-Faktor für mehr als hundert wichtige Enzyme, die in den Zellen eine entscheidende Rolle spielen, von der Steuerung der Zellatmung bis zur Produktion von Neurotransmittern.
„Es gibt tatsächlich eine Reihe von Forschungsarbeiten, die einen Zusammenhang zwischen niedrigen Vitamin-B6-Spiegeln und dem Auftreten von Stoffwechselerkrankungen und Typ-2-Diabetes zeigen. Diesen Zusammenhang wollen wir genauer untersuchen“, schließt Prof. Ninov.
Zu verstehen, wie Vitamin B6 die Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse reguliert, könnte zu neuen Erkenntnissen über die Entstehung von Diabetes und letztendlich zu neuen Behandlungsmethoden führen.