Forschende haben auf dem Grund des Toten Meers meterhohe Schlote entdeckt, die sich durch das Ausströmen extrem salzhaltigen Grundwassers bilden, das sofort zu Mineralien kristallisiert. Diese „Weißen Raucher“ wurden in einem interdisziplinären Forschungsprojekt unter Leitung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) erstmals dokumentiert. Wie die Forschenden im Fachmagazin Science of the Total Environment berichten, dienen diese Strukturen als Frühwarnsystem für gefährliche Sinkholes, die eine ernsthafte Bedrohung für die Bevölkerung darstellen.
Ein sinkender See und schimmernde Schlote: Dynamik am Grund des Toten Meers
Das Tote Meer verliert jährlich etwa einen Meter an Wasserspiegelhöhe, da es von Zuflüssen abgeschnitten ist und durch Trockenheit sowie Verdunstung Wasser verliert. Mit einem aktuellen Tiefstand von rund 438 Metern unter dem Meeresspiegel hat dieser Rückgang massive Auswirkungen auf die Grundwasserverfügbarkeit der Anrainerstaaten Israel, Jordanien und der palästinensischen Gebiete.
„Die Ähnlichkeit zu den Schwarzen Rauchern in der Tiefsee ist frappierend, aber es handelt sich um ein gänzlich anderes System“, erklärt UFZ-Hydrogeologe Dr. Christian Siebert.
Ein Taucherteam unter seiner Leitung entdeckte die Schlote, die eine schimmernde Flüssigkeit ausstoßen.
Das hochsalinare Grundwasser stammt aus umliegenden Grundwasserleitern und nimmt beim Durchdringen der salzhaltigen Sedimente des Toten Meers große Mengen des Minerals Halit auf.
„Da diese Sole eine etwas geringere Dichte als das Wasser des Toten Meers hat, steigt sie wie in einem Jet nach oben. Es sieht aus wie Rauch, ist aber eine salzhaltige Flüssigkeit“, so Siebert.
An der Wasseroberfläche kristallisiert der Halit sofort, wodurch die Schlote entstehen, die innerhalb eines Tages um einige Zentimeter wachsen können. Einige der Strukturen erreichen bis zu sieben Meter Höhe bei Durchmessern von zwei bis drei Metern.
Weiße Raucher als Frühwarnsystem für lebensgefährliche Sinkholes
Die Weißen Raucher ermöglichen es, gefährdete Regionen zu identifizieren, in denen Einsturzkrater, sogenannte Sinkholes, entstehen könnten. Diese bis zu 100 Meter breiten und 20 Meter tiefen Krater bilden sich durch die Verkarstung des Untergrunds, also die Auflösung von Salzschichten.
„Niemand kann bislang vorhersagen, wo die Sinkholes als nächstes auftreten. Dabei sind sie lebensgefährlich und bedrohen die Landwirtschaft und Infrastruktur“, betont Siebert.
Untersuchungen zeigen, dass die Schlote an Stellen vorkommen, wo Verkarstung besonders effizient ist und die Landoberfläche eingebrochen ist.
„Deswegen sind die Weißen Raucher ein hervorragendes Vorhersageinstrument“, so Siebert.
Autonome Wasserfahrzeuge mit Echoloten könnten diese Strukturen präzise kartieren und so gefährdete Gebiete frühzeitig ausweisen.