Seit fast 100 Jahren wählt das Magazin einen Menschen, der die Welt besonders beeinflusst hat, zur Person des Jahres. Im vergangenen Jahr war die Klimaaktivistin Greta Thunberg mit damals 16 Jahren die jüngste „Person of the Year“. In diesem Jahr wurde der Preis für das Kind des Jahres ausdrücklich für Kinder und Jugendliche ausgelobt. Die 15-jährige Gitanjali Rao, die angetreten ist, um mit Hilfe der Naturwissenschaften die Probleme zu lösen, die vorangehende Generationen hinterlassen haben und auch aktuell noch schaffen, setzte sich gegen 5.000 Kandidatinnen und Kandidaten durch.
Wasserskandal in Michigan war der Auslöser für Bleidetektor
Die erste Erfindung, das nach der griechischen Göttin des Wassers benannte Testsystem „Tethy“, geht lt. eines CNN-Berichts zurück auf das „Flint Water Desaster“: Um Kosten zu sparen, wurde die Wasserversorgung der Stadt Flint in Michigan in 2011 vom Huron-See auf den berüchtigten, schmutzigen Flint-River als Rohwasserquelle umgestellt. Neben den offensichtlichen Veränderungen in Farbe und Geschmack des Wasser, die zu zahlreichen Protesten der Bevölkerung geführt hatten, ergab ein Test von Stadtbediensteten in einem örtlichen Haushalt im Jahr 2015 eine Bleikonzentration von 397 ppb, 26 Mal mehr als von der EPA (Environmental Protection Agency) angegeben Gefahrenwert von 15 ppb. Unabhängige Tests, die von Forschern der Virginia Tech durchgeführt wurden, ergaben sogar Konzentrationen von bis zu 13.000 ppb.
Blei lässt sich in Wasser nicht schmecken oder riechen und verändert auch nicht die Farbe. Um Bleigehalte festzustellen, existieren Teststreifen für grobe Einschätzungen, für genauere Messungen sind Laboruntersuchungen erforderlich. Gitanjali Rao entwickelte einen Sensor auf der Basis von Kohlenstoff-Nanoröhrchen, auf denen Atome aufgebracht sind, die mit Blei reagieren. Taucht man einen solchen Sensor in mit Blei kontaminiertes Wasser ein, ändert sich der elektrische Widerstand des Sensors proportional zum Bleigehalt des Wassers. Die Messdaten werden vom Sensor an eine App übermittelt, welche die Daten sammelt und anwenderfreundlich auf dem Smartphone darstellt. Der Prototyp des batteriebetriebenen Systems, den das Mädchen im Labor einer Wasserfabrik entwickeln durfte, hat etwa die Größe eines Federmäppchens und kostete etwa 20 US$. Anlässlich der Verleihung des 25.000 US$ dotierten Preises für Amerikas Top-Nachwuchswissenschaftlerin im Jahr 2017 zeigte die Gitanjali Rao sich zuversichtlich, dass die Herstellkosten für das System bei einer Massenproduktion deutlich fallen und damit die Kosten für Teststreifen oder Laboruntersuchung deutlich unterschreiten würden.
Künstliche Intelligenz zur Erkennung von Cybermobbing
Die neue Erfindung von Gitanjali heißt „Kindly“ (freundlich) und ist eine App mit einer Chrome-Erweiterung, mit der sich Cybermobbing im Frühstadium erkennen lässt. Ausgangspunkt bildete das Anlernen der künstlichen Intelligenz mit typischen Wörtern, die auf Mobbing schließen lassen. Die Software ist in der Lage, ähnliche Ausdrücke zu identifizieren. Mit der App können Anwender ihre Posts überprüfen, bevor sie sie senden.
Ermutigung zur Nachahmung
Gitanjali Rao bekam die Auszeichnung als „Kid of the Year“ nicht nur wegen ihrer herausragenden Leistungen, sondern auch, weil sie Gleichaltrige in Workshops dazu animiert, Ideen zu entwickeln und Lösungen für Probleme zu finden. Im Interview mit Angelina Jolie im Time Magazine sagte Sie: „Ich habe überlegt, was mich weitergebracht hat und habe beschlossen, das mit jedem zu teilen. So habe ich den Prozess entwickelt, den ich für alles anwenden kann: beobachten, nachdenken, forschen, bauen und kommunizieren.“
Ihr aktuelles Projekt: die Entwicklung einer einfachen Methode um Bio-Kontaminanten im Wasser zu detektieren.