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Starkregen: Potenzial naturnaher Maßnahmen in Städten berechnet

Die TU Graz hat das Potenzial naturnaher Maßnahmen in Städten berechnet. Dezentrale Niederschlagswasserbewirtschaftung auf öffentlichem und privatem Grund könnte allein in Graz eine halbe Mio. Kubikmeter Wasser aufnehmen, so das Fazit.

von | 07.10.25

Im österreichischen Graz untersuchte die TU Graz naturnahe Maßnahmen zu einem verteilten Rückhalte- und Versickerungspotenzial von Regemwasser.
Quelle: Pixabay/Entrepreneur-de-vie

Starke Bodenversiegelung bei gleichzeitig ungenügendem Retentions- und Versickerungspotenzial sorgt in Städten bei Starkregen für ein erhöhtes Verschmutzungs- und Überschwemmungsrisiko. Eine naturnahe, dezentrale Bewirtschaftung von Niederschlagswasser kann diese Gefahr zu einem gewissen Maß reduzieren. Dies fand ein Team um Dirk Muschalla und Albert König vom Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Landschaftswasserbau der TU Graz am Beispiel der Stadt Graz heraus.

Das von ihnen untersuchte Bündel an realisierbaren Maßnahmen brächte bei gleichzeitiger Begrünung der Stadt ein verteiltes Rückhalte- und Versickerungspotenzial von rund 500.000 Kubikmetern Wasser. Begleitet und finanziert wurde die Untersuchung vom Land Steiermark Abteilung 16 Verkehr und Landeshochbau, der Stadt Graz Abteilung Grünraum und Gewässer sowie der Holding Graz GmbH Spartenbereich Wasserwirtschaft und Stadtraum.

Viel Potenzial allein im öffentlichen Raum

„Uns ist bewusst, dass wir nicht die gesamte Stadt umbauen können. Daher haben wir nur auf öffentlichem Grund realisierbare Maßnahmen sowie die Auswirkungen der geltenden Grazer Bauvorschriften zur Regenrückhaltung auf privatem Grund berücksichtigt“, erklärt Dirk Muschalla. „Allein die Maßnahmen auf öffentlichem Grazer Grund bieten bereits Potenzial für ein Rückhaltevolumen von rund 190.000 Kubikmetern Wasser.“

Die neuen Bauvorschriften für private Neubauprojekte in Graz verlangen einen Nachweis darüber, dass das Wasser eines bis zu 30-jährlichen Regenereignisses – also ein Niederschlag mit einer Stärke, wie er statistisch gesehen nur alle 30 Jahre auftritt – auf dem betreffenden Grundstück zurückgehalten wird. Allein durch diese Maßnahme könnten sich auf Basis der Berechnungen des Forschungsteams in Graz ein dezentrales Wasserrückhaltevolumen von rund 296.000 Kubikmetern Wasser ergeben. Da die neuen Bauvorschriften nur zukünftige Projekte betreffen, entfalten sich deren volle Auswirkungen auf Privatgrund allerdings über einen längeren Zeithorizont von 30 bis 50 Jahren.

Geeignete Flächen detailliert analysiert

Für den öffentlichen Raum haben die Forschenden mehrere Maßnahmen untersucht:
– die Entsiegelung von Parkraum, um dort sickerfähige Parkplätze zu schaffen
– die Installation von Baumrigolen sowie den Ausbau des Straßenbegleitgrüns zu Sicker- und Retentionsmulden, damit Wasser nicht am Bordstein abgehalten wird, sondern im existierenden Grünstreifen gereinigt werden und dann versickern kann.

– Besonders genau haben die Forschenden Baumrigolen unter die Lupe genommen, da sie recht komplex sind und in puncto Regenwasserbewirtschaftung besondere Möglichkeiten bieten. Die nach dem Stockholm-System errichteten Rigolen liegen unter Geh- und Radwegen und Parkplätzen und bestehen aus einem Gerüst aus grobem Kies mit Steinen bis zu 15 cm Durchmesser. Zwischen den Steinen befindet sich Substrat für den Baum. Dadurch hat er Wurzelraum, bekommt Luft und Wasser und die Oberfläche bleibt nutzbar. Baumrigolen bieten insofern Vorteile, weil sie sowohl die Kanalisation entlasten als auch den urbanen Hitzeinsel-Effekt bekämpfen. Eine umfassende räumliche Analyse nutzbarer Flächentypen in Graz ergab allein für diesen Maßnahmentyp ein potenzielles Speichervolumen von ca. 65.000 Kubikmetern Wasser.

Auch Auswirkungen auf Kanalsystem geprüft

„Die Umsetzung derartiger Maßnahmen kann natürlich nicht von heute auf morgen geschehen, aber das Potenzial, eine Stadt wie Graz mit naturnahen Maßnahmen besser gegen Starkregenereignisse zu schützen, ist sehr groß“, sagt Albert König. „Um sicherzugehen, dass sich unsere Maßnahmen nicht negativ auf das Kanalnetz auswirken, weil dort dann große Wassermengen seltener und Ablagerungen weniger oft weggespült werden, haben wir uns auch das angesehen. Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass hier keine Nachteile zu befürchten sind.“

Die Grazer Vizebürgermeisterin Judith Schwentner unterstrich die Notwendigkeit von mehr Stadtgrün. Insbesondere Bäume leisteten „auch einen erheblichen Beitrag zur Stadtentwässerung und zum lokalen Überflutungsschutz“. Den „eingeschlagenen Weg der Entwicklung von Graz hin zur Schwammstadt„ wolle sie mit Blick auf eine europäische Vorreiterrolle konsequent weitergehen.

________________________________________
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dirk MUSCHALLA
Univ.-Prof. Dr.-Ing.
TU Graz | Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Landschaftswasserbau
Tel.: +43 316 873 8370
d.muschalla@tugraz.at

Albert KÖNIG
B.Eng. M.Eng.
TU Graz | Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Landschaftswasserbau
Tel.: +43 316 873 6769
albert.koenig@tugraz.at

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

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