Die NRW-Regierung will verhindern, dass antibiotika-resistente Bakterien in die Gewässer gelangen. Anlass dafür ist eine Studie, die das weitreichende Vorkommen klinisch relevanter antibiotika-resistenter Bakterien in Abwässern und Fließgewässern in Nordrhein-Westfalen bestätigt.
Im Zeitraum von 2019 bis 2022 lief beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) das Projekt „Bestandsaufnahme zum Vorkommen abwasserbürtiger antibiotikaresistenter Bakterien in Abwasser und in Gewässern in NRW sowie Aufklärung relevanter Quellen und Eintragspfade in die Umwelt“ (ARB-Projekt). Währenddessen wurden antibiotikaresistente Bakterien (ARB) und Antibiotikaresistenz-Gene in Abwässern aus Krankenhäusern, in kommunalem Abwasser mit und ohne Krankenhauswasseranteil, in den Zu- und Abläufen von Kläranlagen sowie in durch Kläranlagen beeinflussten Oberflächengewässern des Landes stichprobenartig erfasst.
Weite Verbreitung in NRW-Gewässern
„Die Ergebnisse der Studie zeigen eindeutig, dass antibiotikaresistente Bakterien in unseren Gewässern weit verbreitet sind“, erklärte Elke Reichert, Präsidentin des LANUV. „Wir sehen bereits heute, dass durch den demografischen Wandel immer mehr Medikamente in unsere Umwelt gelangt sind. Um der Verbreitung von gefährlichen Bakterien in unseren Gewässern zu begegnen, machen Investitionen in weitergehende Klärtechniken daher absolut Sinn. Damit wird am Ende auch der Mensch besser vor resistenten Keimen geschützt“, betonte Elke Reichert.
Die Messungen ergaben Funde von Bakterien, die Resistenzen gegenüber drei von vier Antibiotikagruppen (3MRGN = dreifach multiresistente gramnegative Bakterien) in Abwässern aller untersuchten Anlagen gefunden wurden. Auch in Fließgewässern wurden verbreitet 3MRGN gefunden, auch unabhängig von einer konkreten Abwassereinleitung.
Besonders besorgniserregende 4MRGN, die gegen vier Antibiotikagruppen resistent sind, ließen sich vor allem in Krankenhausabwässern nachweisen, außerdem in Kläranlagen und Gewässern, die Krankenhausabwässer bzw. behandelte Abwässer aus Krankenhäusern aufnehmen. Unter den 4MRGN-Keimen wurden auch so genannte „High-Risk-Klone“ gefunden, die leichter übertragen werden und Krankheiten hervorrufen können.
Ergebnisse decken sich mit bundesweit durchgeführter Studie
Das hier beschriebene ARG-Projekt ist nicht die erste Studie, in der das Vorkommen antibiotikaresistenter Keime in Abwässern und Strategien zur Verringerung der Einträge in Gewässer untersucht wurden. Bereits im Jahr 2020 erschien der Abschlussbericht des bundesweit angesiedelten, interdisziplinären BMBF-Projektes „HyReKa“, das von Prof. Dr. med. Martin Exner vom Universitätsklinikum Bonn geleitet und von Prof. Dr. rer.nat. Thomas Schwartz am Karlsruher Institut für Technologie koordiniert wurde.
Die Kernbotschaften aus dem HyReKa-Projekt klingen ähnlich:
- Krankenhäuser emittieren die meisten multiresistenten Bakterien und Antibiotika,
- Kommunale Kläranlagen (nach dem damaligen Stand, ohne vierte Reinigungsstufe) können Antibiotikaresistenzen sowie die Rückstände von Antibiotika nur unzureichend zurückhalten.
- Schlachthöfe erzeugen Prozessabwässer mit antibiotikaresistenten Bakteren, aber selten multiresistente Bakterien.
- Eine große Vielfalt von Resistenzgenen wurde in den Abwässern von Flugzeugen gefunden.
- Hinsichtlich der Ertüchtigung von Kläranlagen mit weitergehenden Reinigungsstufen empfahlen die Autor:innen eine Priorisierung.
Abwasserbehandlung, die wirkt
Als wirksames Mittel gegen die Verbreitung antibiotikaresistenter Bakterien in Gewässern hat sich laut LANUV eine weitergehende Behandlung des Abwassers mittels UV-Bestrahlung, Durchfließen eines Retentionsbodenfilters oder Membranfiltration erwiesen. Über die Förderrichtlinie „Zukunftsfähige und nachhaltige Abwasserbeseitigung in NRW“ stellt das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr bereits heute Fördergelder für Investitionen in die Abwasserreinigung bereit.
Die Membranfiltration wird vielfach diskutiert, wenn es darum geht, die Elimination von Spurenstoffen wie Arzneimittelrückständen und antibiotikaresistenten Keimen mit einem gemeinsamen Verfahren zu erreichen. Weitere Informationen dazu sind beispielsweise im Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Membrantechnik (DGMT) zu finden.
Weitere Maßnahmen in NRW
Auf der Basis der LANUV-Studie sollen noch weitere Untersuchungen durchgeführt werden um ein vollständiges Bild der Belastungssituation in NRW zu erhalten. Darüber hinaus wird eine Sensibilisierung der Ärzteschaft, Landwirtschaft und Gesellschaft im Bezug auf den Einsatz von Antibiotika angestrebt.
„Reste von Antibiotika gehören weder in die Toilette oder das Waschbecken, sondern in den Restmüll“, erläuterte LANUV-Präsidentin Reichert.