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Methanfilter im See: Wie Bakterien das Klima retten

Methanoxidierende Bakterien spielen eine unerwartet große Rolle beim Schutz des Klimas, indem sie in sauerstofffreien Seen Methan abbauen und so dessen Freisetzung in die Atmosphäre verhindern, wie eine neue Studie aus Bremen zeigt.

von | 19.08.24

Methan ist ein starkes Treibhausgas, das vielerorts im Meer und in Süßgewässern entsteht.
Quelle:Sina Schorn Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

Methan ist ein starkes Treibhausgas, das sowohl in Meeren als auch in Süßgewässern entsteht, wobei Seen besonders viel von diesem klimaschädlichen Gas freisetzen. Glücklicherweise gibt es Mikroorganismen, die dem entgegenwirken: Diese Methanotrophe nutzen Methan zur Energiegewinnung und verhindern so, dass es in die Atmosphäre entweicht. Daher spielen sie eine wichtige Rolle als „biologischer Methanfilter“.

Obwohl Methanotrophe aus verschiedenen Mikroorganismengruppen bestehen, sind viele Aspekte ihrer Lebensweise noch unerforscht. Eine aktuelle Studie des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen und der Schweizer Eawag, veröffentlicht im Fachjournal Nature Communications, enthüllt überraschende Fähigkeiten einiger dieser Organismen und hebt ihre bislang unterschätzte Bedeutung für unser Klima hervor.

Überraschende Entdeckung: Sauerstoffabhängige Bakterien auch in sauerstofffreien Gewässern aktiv

Für ihre Studie reisten die Wissenschaftlerinnen Sina Schorn und Jana Milucka vom Bremer Max-Planck-Institut in die Schweiz zum Zugersee. Der See ist fast 200 Meter tief und ab einer Tiefe von etwa 120 Metern komplett sauerstofffrei. Dennoch entdeckten sie dort sogenannte aerobe methanoxidierende Bakterien (MOB), die normalerweise auf Sauerstoff angewiesen sind. Wie diese Mikroorganismen unter sauerstofffreien Bedingungen Methan abbauen können, war bisher unklar.

Das Forschungsteam wollte daher genauer untersuchen, wie diese Bakterien arbeiten. Sie verwendeten Methanmoleküle (CH4), die mit „schweren“ Kohlenstoffatomen (13C statt 12C) markiert wurden. Dieses markierte Methan wurde in Seewasserproben eingebracht, die die Bakterien enthielten. Mithilfe spezieller Instrumente (NanoSIMS) verfolgten die Forscher den Weg des schweren Kohlenstoffs in den Zellen. So konnten sie beobachten, wie die Bakterien das Methan in weniger schädliches Kohlendioxid umwandelten. Ein Teil des Kohlenstoffs wurde direkt in die Bakterienzellen eingebaut. Dies ermöglichte den Forschenden, zu identifizieren, welche Zellen in der Bakteriengemeinschaft aktiv waren und welche nicht. Sie nutzten zudem moderne Methoden wie Metagenomik und Metatranskriptomik, um die Stoffwechselwege der Bakterien zu analysieren.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass aerobe MOB auch ohne Sauerstoff aktiv bleiben“, erklärt Sina Schorn, die mittlerweile an der Universität Göteborg arbeitet. „Diese Aktivität beschränkt sich jedoch auf eine bestimmte Gruppe von Bakterien, erkennbar an ihrer markanten länglichen Zellform. Überraschenderweise waren diese Zellen sowohl unter sauerstoffreichen als auch unter sauerstofffreien Bedingungen aktiv. Wenn in anoxischen Gewässern geringere Methanoxidationsraten gemessen werden, liegt dies wahrscheinlich daran, dass dort weniger dieser speziellen stäbchenförmigen Zellen vorhanden sind, und nicht an einer geringeren Aktivität der Bakterien.“

Links: Mikroskopische Visualisierung von MOB (pink) und anderer Mikroorganismen (blau) aus dem Zugersee mittels fluoreszierender Sonden. Rechts: Visualisierung schwerer Kohlenstoffatome in der Biomasse der MOB als Zeichen von deren Aktivität mit NanoSIMS / Quelle: Sina Schorn Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

 

Genetische Entdeckungen: Wie Bakterien unter Sauerstoffmangel Methan abbauen

Die Max-Planck-Forscher erlebten eine weitere Überraschung, als sie die Stoffwechselfähigkeiten dieser Bakteriengruppe untersuchten.

„Durch die Analyse der Gene konnten wir nachvollziehen, wie die Bakterien auf Sauerstoffmangel reagieren“, berichtet Jana Milucka, Leiterin der Forschungsgruppe Treibhausgase am Bremer Max-Planck-Institut. „Wir entdeckten Gene, die für eine spezielle Form der Methan-basierten Fermentation verantwortlich sind.“

Dieser Prozess war zwar bereits im Labor nachgewiesen worden, jedoch nicht in natürlichen Umgebungen untersucht worden. Zusätzlich fanden die Forscher Gene für die Denitrifizierung, ein Prozess, bei dem die Bakterien vermutlich Nitrat statt Sauerstoff zur Energiegewinnung nutzen.

Besonders interessant ist die Fermentation. „Falls die MOB tatsächlich Fermentation betreiben, könnten sie Substanzen freisetzen, die von anderen Bakterien aufgenommen und verarbeitet werden. Dadurch bleibt der Kohlenstoff, der ursprünglich aus Methan stammt, länger im See gebunden und gelangt nicht in die Atmosphäre. Dies stellt eine bisher unberücksichtigte Senke für Methankohlenstoff in anoxischen Lebensräumen dar, die künftig in unsere Berechnungen einfließen sollte“, erklärt Milucka.

Die Forschung verdeutlicht, welche Rolle methanoxidierende Bakterien beim Abbau von Methan in sauerstofffreien Lebensräumen spielen und wie dieser Prozess abläuft. Diese Bakterien sind entscheidend dafür, dass weniger Methan aus diesen Gewässern in die Atmosphäre gelangt.

Methan ist ein potentes Treibhausgas, das etwa ein Drittel des aktuellen globalen Temperaturanstiegs ausmacht“, erklärt Sina Schorn. „Die Methanoxidation durch Mikroorganismen ist die einzige biologische Methode zur Reduktion von Methan. Ihre Aktivität ist somit entscheidend für die Kontrolle der Methanemissionen und die Regulierung des globalen Klimas. Da anoxische Bedingungen in gemäßigten Seen zunehmen werden, wird die Rolle der MOB im Methanabbau wahrscheinlich noch wichtiger werden. Unsere Ergebnisse zeigen, dass sie einen wesentlichen Beitrag zur Minderung von Treibhausgasemissionen und zur Kohlenstoffspeicherung leisten könnten.“

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