Sturzfluten, die infolge extremer Regenfälle entstehen, sind vor allem in Städten eine ernste Gefahr für Menschen und Infrastrukturen. Eine neue Studie von Forschern der Universität Potsdam und des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen, kürzlich veröffentlicht in Nature Geoscience, liefert überraschende Erkenntnisse darüber, wie eng die Intensität solcher Regenfälle mit der Temperatur verknüpft ist.
Grundlage der bisherigen Annahmen ist die sogenannte Clausius-Clapeyron-Beziehung. Sie besagt, dass mit jedem Grad Celsius Erwärmung die Luft rund sieben Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen kann – was wiederum zu mehr Niederschlag führen sollte. Bereits 2008 hatten Lenderink und van Meijgaard jedoch Hinweise darauf gefunden, dass insbesondere Gewitterniederschläge weitaus stärker zunehmen könnten, nämlich um bis zu 14 Prozent pro Grad Celsius. Diese Erkenntnisse führten zur Theorie des sogenannten „Super-Clausius-Clapeyron“-Effekts.
Unterschiede zwischen Gewitterregen und Dauerregen entscheidend
Die neue Studie analysierte zwei Hauptformen von Regenfällen: stratiforme Dauerregen und konvektive, also schauerartige Gewitterregen. Die Forscher nutzten dazu umfangreiche, hochaufgelöste Datensätze aus Deutschland sowie einen neuartigen Datensatz zur Blitzerfassung. Dieser erlaubte es, zwischen beiden Regenarten klar zu unterscheiden.
„Wir nutzen einen großen und hochfrequenten Datensatz aus Deutschland, der mit einem neuartigen Datensatz zur Blitzerfassung kombiniert wird. Da Blitze Gewitteraktivität anzeigen, können die stratiformen Niederschläge auf diese Weise von den Gewittern getrennt werden“, erklärt Nicolas Da Silva von der Universität Potsdam.
Die Ergebnisse zeigten: Betrachtet man nur klare Gewitterregen, dann folgen deren Intensitätsanstiege bei steigender Temperatur tatsächlich exakt der klassischen Clausius-Clapeyron-Beziehung.
„Das Ergebnis ist verblüffend: Betrachtet man nur klare Gewitterregen und untersucht Extremwerte bei jeder Temperatur, entspricht der Anstieg nahezu perfekt der Clausius-Clapeyron-Theorie“, sagt Jan O. Härter von der Universität Potsdam, der auch am ZMT tätig ist.
Was den „Super-Clausius-Clapeyron“-Effekt wirklich erklärt
Der bislang beobachtete überproportionale Anstieg extremer Regenfälle bei höheren Temperaturen lässt sich laut den Forschern statistisch erklären: Wird nicht zwischen Regenarten unterschieden, überlagern sich verschiedene Phänomene – mit dem Ergebnis, dass die Zunahme extremer Niederschläge scheinbar stärker ausfällt, als sie tatsächlich ist. Die neue Studie zeigt, dass der „Super-Clausius-Clapeyron“-Effekt besonders dann auftritt, wenn beide Regenarten – also stratiforme und konvektive Niederschläge – in einem Cluster auftreten. Solche Mischsysteme sind besonders relevant, weil sie einen Großteil jener extremen Regenfälle verursachen, die für Sturzfluten verantwortlich sind.
„Nimmt man die Temperaturänderungen an, die für die kommenden Jahrzehnte im Rahmen der Klimaerwärmung prognostiziert werden, so könnten extreme Regenfälle ein noch nie dagewesenes Risikoniveau für Menschen und Infrastrukturen erreichen, insbesondere in städtischen Gebieten“, betonen die Autoren.
Originalpublikation:
Nicolas A. Da Silva and Jan O. Haerter, 2025, Super-Clausius-Clapeyron scaling of extreme precipitation explained by shift from stratiform to convective rain type, Nature Geoscience