Der Testlauf des Gezeitenkraftwerks fand in der Nähe von Landshut statt. Der 100 kg schwere und 18 m lange Prototyp wurde mit Hilfe eines Krans in der Nähe des Stauwehrs Hofham in den Mittlere-Isar-Kanal abgelassen. Die Vorbereitungen dauerten zwei Jahre, in denen das Projektteam die Konzepte entwickelt, simuliert und realisiert hatte:
„Jetzt war unser Ziel, die Funktion des Prototyps zu überprüfen“, erklärt Prof. Robert Meier-Staude. Der Spezialist für Strömungsmechanik an der Hochschule München hat im Projekt cableKites Design und Auslegung der Kites optimiert. „Die Location bei Landshut war für den Funktionstest ideal: Die Strömungsgeschwindigkeit im Isar-Kanal beträgt konstante 0,6 m/Sekunde, das ist vergleichbar mit den Bedingungen, die wir auch im Meer vorfinden.“
Aufbau und Funktionsweise
Die Konstruktion, die an einem Haken aus Stahl in den Kanal abgesenkt wurde, erinnert auf den ersten Blick an einen Skilift. An den Enden das Gestells befinden sich Umlenk-Rollen, über die ein Endlos-Seil läuft. An diesem wiederum sind – ähnlich wie Bügel am Schlepplift – kleine Strömungsprofile befestigt, die „Kites“. Die Idee für das Projekt stammt von den Brüdern Anton und Peter Glasl aus Wackersberg, den Inhabern des Schleppliftbauers enrope GmbH.
Die Kites sind der Motor des neuen Seilbahn-Kraftwerks:
„Anders als beim Skilift, bei dem die Umlenkrollen angetrieben werden, um das Seil zu bewegen, wollten wir die Bewegung des Seils nutzen, um an den Umlenkrollen mit Hilfe von Generatoren Strom zu gewinnen“, erklärt der Forscher: „Zu diesem Zweck haben wir Kites entworfen, die am Seil befestigt werden können. Sie sind so geformt, dass sie stabil im Wasser liegen, die Strömung effizient in Vortrieb umsetzen und günstig in der Fertigung sind.“
Testlauf im Isarkanal
Dass das Design der Kites, die mit Hilfe von Simulationen optimiert wurden, tatsächlich den Erwartungen entspricht, hat jetzt der Praxistest im Isar-Kanal gezeigt.
„Die Auswertungen zeigen, dass sich die Kites tatsächlich stabil in der Strömung ausrichten und mit bis zu 1,5 m pro Sekunde durchs Wasser fliegen“, berichtet Ingenieur Meier-Staude, der von „fliegen“ spricht.
Die Bewegung findet zwar unter Wasser statt, doch die Strömungsdynamik ist grundsätzlich nicht anders als die von Luft – nur ist Wasser etwa tausend Mal dichter. Und damit können die Kites um den Faktor 1000 kleiner sein als ein Flügel in der Luft, der die gleiche Energie oder Leistung erzeugt. Die Test-Kites sind nur einen Meter lang und 20 cm breit. In einem echten Gezeitenkraftwerk, das fünfmal größer werden soll als der Prototyp, müssten sie entsprechend vergrößert werden.
Hintergrund: Green Deal
„Der Test des Prototyps hat jetzt gezeigt, dass ein Gezeitenkraftwerk mit Seilbahntechnik grundsätzlich realisierbar ist“, fasst Meier-Staude zusammen. „Damit könnte die Technik einen Betrag leisten zur Energiewende in Europa“. Im Rahmen des European Green Deal ist geplant, bis 2050 Kraftwerke zur Nutzung der Meeresenergie mit einer Leistung von 40 GW/h pro Jahr zu installieren.
Das Forschungsprojekt lief vom 1. Juni 2023 bis zum 30. September 2025. Gefördert hatte es das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Projektträger waren die AiF Projekt GmbH in Berlin. Beteiligt waren der Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss und Logistik der Technischen Universität München, die enrope GmbH, die Hochschule München sowie die Stadtwerke München.
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Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Robert Meier-Staude
E-Mail: robert.meier-staude@hm.edu
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Originalpublikation:
Feng, Yujie, M. Sony, R. Meier-Staude, J. Fottner, 2025: Harnessing Tidal Energy Through Cableway Technology: The cableKites System. In ICRCE. DOI 10.1007/978-981-96-8154-9_3







