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GEOMAR: Munition im Meer endgültig beseitigen

Seit 2016 erforschen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel Munitionsaltlasten im Meer. Mit dem Projekt CAMMera beginnen nun die Vorbereitung und wissenschaftliche Erprobung der großflächigen Räumung.

von | 22.07.25

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Munition im Meer versenkt. Sie birgt noch heute potenzielle Gefahren für Mensch und Natur.
Bild: Pixabay/WelshPixie
GEOMAR

Mehr als 1,6 Mio. Tonnen Altmunition lagern am Grund der Nord- und Ostsee. Das Projekt CAMMera (Clearance Activities for Marine Munition through Efficient Remediation Approaches) entwickelt nun die nötigen weiterführenden Technologien und Leitlinien, um die Altmunition endgültig aus europäischen Meeren zu entfernen.

Den Grundstein dafür legen vorausgegangene GEOMAR-Projekte wie BASTA, ExPloTect oder CONMAR. Sie konzentrierten sich auf die Identifikation von Umweltgefahren, die Entwicklung chemischer Analysegeräte oder autonomer Unterwasserfahrzeuge (AUVs). Offen blieb bislang die letzte und entscheidende Phase: die endgültige Räumung und Entsorgung von schlecht handhabbaren Munitionsobjekten in einem industriellen Maßstab. Hier setzt das Projekt CAMMera an. An dem vom GEOMAR koordinierten Projekt wirken Industriepartner aus mehreren Ländern in Europa mit. Das auf drei Jahre angelegte Vorhaben wird von Prof. Dr. Jens Greinert, Meeresgeologe am GEOMAR.

„Niemand weiß wirklich, wie viel Munition am Meeresboden liegt. Aber wir stehen in der Verantwortung sie zu beseitigen – und zwar sicher, effizient und umweltfreundlich. Nach viel Vorarbeit geht es im Projekt CAMMera jetzt um die konkrete Umsetzung. Das Ziel ist es, Methoden und Technologien weiterzuentwickeln, um die Altmunition im industriellen Maßstab zu bergen und damit ein internationales Vorbild zu sein“, sagt Professor Dr. Jens Greinert, Leiter des Projekts, Meeresgeologe und Experte für Munitionsaltlasten am GEOMAR.

Strategieentwicklung: sichere und umweltfreundliche Beseitigung

In Vorläuferprojekten identifizierten Expert:innen bereits Strategien für den Umgang mit Munitionsaltlasten. Nun sollen die Techniken weiterentwickelt werden. Autonome und unbemannte Unterwasserfahrzeuge helfen dabei, Objekte direkt am Meeresboden zu bergen. Außerdem arbeiten die Projektpartner:innen an Methoden zur umweltfreundlichen Beseitigung offener Sprengstoffe und zerbrochener Granaten, einer automatischen Überwachung der Bergungsstellen sowie der Entsorgung im industriellen Maßstab. Aus den Ergebnissen werden Best-Practice-Beispiele entwickelt und bereitgestellt. Insgesamt wurden sieben Projektziele festgelegt:

  1. Greifroboter entwickeln: Ziel ist es, ein unbemanntes Fahrzeug zu entwickeln und zu erproben, das Munitionshaufen sowohl von der Wasseroberfläche als auch direkt unter Wasser effizient beräumen kann.
  2. Bergung großer oder beschädigter Munitionskörper: Vorgesehen ist die Entwicklung umweltfreundlicher Verfahren, mit denen sich stark korrodierte Munitionsobjekte mit bereits offen liegendem Sprengstoff bergen lassen.
  3. Sicherheits- und Schutzkonzept: Da Munitionsdeponien häufig in küstennahen, intensiv genutzten Gebieten liegen und neben starkem Tourismus auf See auch ein potenzielles Ziel feindlicher Handlungen darstellen, steht die Entwicklung eines Schutzkonzepts im Fokus. Es soll helfen, Risiken frühzeitig zu erkennen und eine sichere, transparente Durchführung der Bergung ermöglichen.
  4. Automatisierung der Vorsortierung: Das Projekt arbeitet an der Konzeption einer automatisierten Zerlegeanlage, die klein- und mittelkalibrige Munition direkt auf See sortieren und zerschneiden kann, um sie der thermischen Vernichtung zuzuführen. Damit wird ein zentraler Engpass bei der Automatisierung adressiert – insbesondere das Öffnen von Kisten, die Vorsortierung kleinkalibriger Munition und das Zerlegen mittelgroßer Munitionskörper.
  5. Nachsorge und Monitoring: Ziel ist es, geräumte Gebiete systematisch zu überprüfen, um sicherzustellen, dass keine Munition im Sediment zurückbleibt oder der angestrebte Räumungsgrad erreicht wurde. Ergänzend wird ein Umweltmonitoring eingerichtet, das Wasser und Sedimente vor Schadstoffeinträgen schützt.
  6. Wissensbündelung: Die Expert:innen werten nationale und internationale Projekte zur Munitionsräumung aus und bündeln die Erkenntnisse in einer übergreifenden Richtlinie.
  7. Wirtschaftliche Umsetzbarkeit: Das Projekt erarbeitet tragfähige Geschäftsmodelle und Wirtschaftlichkeitsanalysen, um die Munitionsräumung in europäischen Meeren langfristig zu gestalten.

Munition am Meeresboden birgt Gefahren

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat man Munition im Meer versenkt – diese liegt dort größtenteils immer noch. Alte Munition am Meeresboden kann potenziell schädlich für den Ozean sein. Explosive Chemikalien wie TNT oder giftige Stoffe wie Quecksilber und Blei reichern sich beispielsweise in Fischen und Muscheln an. Sie wirken dort krebserregend und können das Erbgut verändern. Durch fortschreitende Korrosion werden diese Substanzen schneller freigesetzt. Steigende Temperaturen und Stürme, die unter anderem durch den Klimawandel bedingt sind, beschleunigen den Zerfall der Munition. Einzelne Blindgänger hat man bereits beseitigt, etwa beim Bau von Windrädern oder Datenkabeln im Meer. Im Fokus des Projekts CAMMera steht die Vorbereitung der großflächigen Räumung ganzer Munitionsdeponien. In diesen lagern tausende Munitionskisten, Seeminen und andere Objekte in großen Mengen und auf engem Raum übereinander.

Hintergrund: GEOMAR-Projekt befasst sich mit Munition im Meer

Forschende am GEOMAR haben in den vergangenen Jahren bereits einige erfolgreiche Projekte zu Munition im Meer durchgeführt. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen nun in das Projekt CAMMera ein:

  • Das Projekt ExPloTect (Ex-situ, near-real-time exPlosive compound deTection in seawater, Ex-situ, Nahezu-Echtzeit-ExPlosivstoffabbau in Meerwasser) entwickelte von 2019 bis 2022 Technologien, um Chemikalien, die aus versenkter Munition stammen, nachzuweisen.
  • Parallel dazu erarbeitete das Projekt BASTA (Boost Applied munition detection through Smart data inTegration and AI workflows, Verbesserte Erkennung angewandter Munition durch intelligente Datenintegration und KI-Workflows) Strategien, um Daten über Altmunition im Meer zu erheben und auszuwerten.
  • Im Rahmen des Projekts CONMAR (CONcepts for conventional MArine Munition Remediation in the German North and Baltic Sea, Konzepte zur Sanierung konventioneller Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee) bündeln die Beteiligten ihr Wissen über Risiken, Strategien und Handlungsansätze für den Umgang mit Munitionsaltlasten. Das Projekt ist 2024 in die zweite Projektphase gestartet, die bis 2027 angesetzt ist. CONMAR ist eines von mehreren Verbundprojekten der DAM-Forschungsmission sustainMare.

 

Das Projekt CAMMera ist auf drei Jahre angelegt und wird durch die Europäische Union im Rahmen der Pilot Projects and Preparatory Actions (PPPAs) mit 5,6 Mio. Euro gefördert.

 


 

(Quelle: GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel)

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

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