Jessica Droujko hat eine grosse Leidenschaft für Wasser, besonders für Flusswasser. Geboren am Niagara-Fluss, verbrachte die Kanadierin ihre Sommer am Ottawa-Fluss und studierte in Montreal, wo sich die beiden Flüsse treffen und den St. Lawrence-Fluss bilden. Für ihr Master-Studium zog sie an die ETH Zürich, wo sie die Schweizer Flüsse so sehr begeisterten, dass sie sich entschied, ein Doktorat am Departement Bau, Umwelt und Geomatik zu absolvieren. Während ihrer Doktorarbeit legte sie den Grundstein für ihr Start-up Riverkin, das die Qualität von Flusswasser misst und analysiert.
Die Entstehung des Trübungssensors und seine Bedeutung für die Wasserqualität
Droujko erinnert sich: «Ich studierte Verbrennungsmotoren und reaktive Strömungen, war mir aber nicht sicher, ob das das richtige Thema für mich ist. Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich sehr zum Thema Klima und Umwelt hingezogen.»
Ihre langjährige Erfahrung als Kajakfahrerin brachte sie in Kontakt mit Freunden aus den Bereichen Geomorphologie,, Flussbiodiversität oder Biogeochemie studiert haben.
«Also habe ich einige von ihnen gefragt, was sie brauchen, und sie antworteten, ich solle einen Trübungssensor (engl.: «turbidity sensor») entwickeln», erzählt Droujko.
Schnell stellte sich heraus, dass «turbidity» nichts mit «turbulence», also Strömungen, zu tun hat, wie Droujko zuerst vermutete. Über Strömungen hätte sie bereits einiges gewusst. Doch über die Trübung von Flüssen hatte sie noch nie nachgedacht.
«Wir sammeln Daten zur Wasserqualität und helfen unseren Kundinnen und Kunden, bessere wasserwirtschaftliche Entscheidungen zu treffen.» sagt sie.
Flüsse trüben sich, wenn sie viele Feinsedimente mitführen. Diese Trübung kann auf Störungen im Flusssystem hinweisen, wie beispielsweise starke Niederschläge, Bergbau oder landwirtschaftliche Aktivitäten. Allerdings sind Feinsedimente aus Flüssen auch wichtig für die Regulierung von Nährstoffen wie Phosphor, Stickstoff und Kieselsäure. Die Materialbilanz eines Flusses dient daher als Maß für die ökologische Wasserqualität und die Gesundheit der Flüsse.
Entwicklung eines Trübungssensors für Flüsse
Im Rahmen ihrer Doktorarbeit hat Droujko einen Sensor entwickelt, der diese Trübung messen kann. Dieser Sensor ist nicht nur robust und energiesparend, sondern auch einfach und flexibel zu installieren. Im Gegensatz zu herkömmlichen Messstationen, die im Flussbett mit Beton befestigt werden müssen, misst Droujkos Modell bis zu 20 Gramm Sediment pro Liter Wasser. Kommerzielle Sensoren erfassen normalerweise nur 0 bis 1,5 Gramm Sediment pro Liter. Droujko betont, dass Flüsse lebendige und unvorhersehbare Ökosysteme sind. Bei starkem Regen oder der Einleitung von Wasser aus Kraftwerken ändern sich die Wasserparameter oft schlagartig. Daher ist ein großer, präziser Messbereich erforderlich.
Wassermanagement durch den “Sensor Ecosystem”
Die Messung der Wasserqualität mit dem entwickelten Hardware-Komponente, dem “Sensor Ecosystem”, ist nur der erste Schritt. Droujko plant, alle Sensordaten in einer zentralen Datenbank zusammenzuführen, die derzeit entwickelt wird. Ihr Start-up Riverkin zielt darauf ab, die Wahrnehmung von Flüssen durch die Menschen zu verändern und positive Entwicklungen in unseren Wassersystemen und den umgebenden Gemeinden zu ermöglichen.
Für die Zukunft plant Droujko, diese Wasserdaten zu analysieren, um ihren Kunden ein intelligentes Wassermanagement und fundierte Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Ziel ist es, dass die Kunden das Gefühl haben, mit dem Wasserkreislauf zu arbeiten und nicht gegen ihn. Dies kann durch das Verständnis und die Reaktion auf Naturkatastrophen wie Erdrutsche, die Einhaltung von Umweltvorschriften oder die erfolgreiche Integration von Sanierungszielen geschehen. Der potenzielle Markt für Fluss- und Wassermanagementprobleme ist groß und wird in den nächsten zehn Jahren vor allem in den Bereichen Oberflächen- und Grundwasser wachsen.
Droujko lizenziert die gewonnenen Daten auch an junge Unternehmen, die sich auf KI-gestützte Biodiversitätsmessungen spezialisiert haben. Diese Unternehmen nutzen oft Satellitenbilder, haben jedoch keine vor-Ort-Daten. Hier kann Droujko mit historischen Temperatur-, Wasserstands- und Trübungsdaten einen zusätzlichen Mehrwert bieten. Diese Daten geben Aufschluss über komplexe Wechselwirkungen zwischen Bodenbedeckung und Wasserqualität, die sich auf Land- und Süßwasserökosysteme auswirken. Droujko’s Start-up unterstützt die Beteiligten dabei, fundierte Entscheidungen zu treffen, die eine nachhaltige Landnutzung und Schutzmaßnahmen fördern.
Die Bedeutung von Mut und Neugier
Während ihrer Zeit an der ETH machte Jessica Droujko eine besonders wertvolle Erfahrung im Student Project House, wo sie ihren ersten Sensor entwickelte. Begeistert von den vielfältigen Möglichkeiten, die das Angebot für Studierende bietet, betont sie, dass diese nicht nur gecoacht werden, sondern auch die Chance erhalten, sich mit dem Unternehmertum auseinanderzusetzen.
Droujko hebt hervor, dass das Student Project House stets auf der Suche nach Doktorandinnen und Doktoranden ist, die ihre Forschung in konkrete Geschäftsideen umsetzen möchten. Obwohl es für viele Doktoranden zunächst unvorstellbar erscheint, aus ihrer Doktorarbeit ein Produkt oder eine Dienstleistung zu entwickeln, lohnt es sich, diesen Weg zu prüfen. Hierbei kann das Student Project House unterstützen.
“Natürlich braucht es auch die richtige Betreuungsperson”, betont Droujko.
In ihrem Fall spielte Peter Molnár, ihr PhD-Betreuer am Institut für Umweltingenieurwissenschaften, eine entscheidende Rolle. Molnár glaubte an das Potenzial ihrer Idee und half ihr, ein ETH Research Grant zu gewinnen, um ihre Doktorarbeit durchzuführen und den Sensor zu entwickeln.
“Es gibt immer Platz für Innovation. Man muss nur mutig sein und den ersten Schritt machen”, sagt Droujko. Eine wichtige Erkenntnis aus ihrer Studienzeit, die Droujko Bachelor-Studierenden ans Herz legt: “Wenn ihr euch für etwas interessiert, habt keine Angst und seid neugierig. Ich habe gelernt, dass Chancen eine Kombination aus guter Vorbereitung und Offenheit für neue Möglichkeiten sind.”