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Das knifflige Grundwasser-Rätsel aus Australien

An der TU Wien entwickeln Forschende numerische Modelle, um Flüssigkeiten in porösen Materialien zu simulieren.

von | 05.11.25

Gibt man Tinte in ein Glas Wasser, verteilen sich die Tintenpartikel aufgrund der zufälligen Bewegung der Teilchen. An der TU Wien wird die Ausbreitung von Flüssigkeiten untersucht.

Die Lage ist kompliziert, am Murray-Darling-Fluss im Süden Australiens: Durch die Landwirtschaft wird Salz aus den oberen Bodenschichten gewaschen und in den Fluss gespült. Damit die Salzkonzentration im Fluss nicht allzu sehr steigt, leitet man einen Teil des salzigen Wassers in spezielle Becken. Manche lassen das Wasser verdunsten, andere lassen es auf kontrollierte Weise in den Untergrund sickern. Das hält das Salz eine Zeit lang vom Fluss fern und erlaubt ein besseres Wassermanagement – aber der Boden versalzt dadurch noch mehr. Wie kann man berechnen, wie sich das Salzwasser im Boden ausbreitet, und welche langfristigen Folgen das haben wird?

Solche Fragen sind sehr schwer zu beantworten. Verschiedene physikalische Effekte interagieren hier auf komplizierte Weise. An der TU Wien gelang es nun aber, ein effizientes Computermodell zu entwickeln, mit dem man mit Supercomputern die Ausbreitung von Flüssigkeiten in porösem Material berechnen kann – und damit lässt sich nun auch die Bewegung von Salzwasser wie etwa am Murray-Darling-Fluss korrekt vorhersagen. Auf diese Weise kann man nun auch andere Phänomene berechnen – etwa wie sich Schadstoffe im Grundwasser ausbreiten.

Diffusion und Strömung

„Wenn sich Flüssigkeiten miteinander mischen, dann kommt es zur Diffusion“, erklärt Dr. Marco De Paoli vom Institut für Strömungsmechanik und Wärmeübertragung der TU Wien. „Wenn man etwa einen Tropfen Tinte in einem Glas Wasser platziert, dann werden sich die Tintenpartikel langsam ausbreiten, einfach aufgrund der zufälligen Bewegung der Teilchen.“

Gleichzeitig hängt das Verhalten der Flüssigkeiten – zum Beispiel des Grundwassers im Boden – auch von anderen Effekten ab: Dichtere Flüssigkeiten sinken eher ab, Flüssigkeiten mit geringerer Dichte steigen eher auf. Dadurch können sich Strömungen entwickeln, die eine bestimmte Richtung haben – im Gegensatz zur Diffusion, die zu einer Ausbreitung in alle Richtungen gleichzeitig führt.

Noch komplizierter wird die Situation, wenn Flüssigkeiten durch ein poröses Material fließen, etwa durch sandigen Boden. Je höher die Geschwindigkeit der Flüssigkeit, umso mehr wird das Salz (oder auch eine Wasserkontamination) mitgetragen und verbreitet. Dieser Dispersions-Vorgang ist in manchen Richtungen stärker ausgeprägt als in anderen.

Chaotische Finger-Strukturen

„All diese Effekte sind schon lange bekannt, aber wir haben es nun geschafft, sie in ein Computermodell zu integrieren, das es nun erstmals erlaubt, komplizierte Situationen wie die in Südaustralien mit Hilfe von Supercomputern zuverlässig zu berechnen“, sagt Marco De Paoli.

Man stößt dabei auf interessante Instabilitäten: Salziges Wasser hat eine höhere Dichte als Wasser mit geringerem Salzgehalt. Doch weil die oberen Bodenschichten mehr Salz enthalten, ist das salzigere Grundwasser oben, das weniger salzige unten.

„Das ist ein instabiler Zustand“, erklärt Marco De Paoli. „Wenn irgendwo durch Zufall das salzigere Wasser ein bisschen weiter nach unten dringt, dann wird dieses Ungleichgewicht von der Schwerkraft verstärkt, das Wasser beginnt an dieser Stelle nach unten zu strömen und bildet fingerartige Strukturen aus, die parallel zueinander tief in den Boden ragen und die Ausbreitung von Salz noch verstärken.“

Zuverlässige Formeln für viele Einsatzzwecke

Ähnlich wie durch einfache Druck- und Temperaturunterschiede komplizierte Wetterphänomene entstehen können, entstehen im Boden durch Unterschiede in Salzgehalt und Bodenbeschaffenheit komplizierte Salzwasser-Strömungen und Salzwasser-Muster. Mit den Computermodellen, die Marco De Paoli mit seinem Team in Kooperation mit der Universität von Twente (Niederlande) und dem Gran Sasso Science Institute (Italien) entwickelte, kann man diese Phänomene nun erstmals erklären.

Die Salzverteilung in der Gegend des Murray-Darling-Flusses ist nur ein Beispiel, bei dem man die neuen Rechenmethoden einsetzen kann. Die Methode ist auch auf viele andere Situationen anwendbar – etwa auf die Ausbreitung von Schadstoffen im Grundwasser. Auch die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid oder die Konvektion von Geothermie-Reservoiren kann auf diese Weise berechnet werden.


Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Marco De Paoli, PhD
Institut für Strömungsmechanik und Wärmeübertragung
Technische Universität Wien
marco.de.paoli@tuwien.ac.at

Originalpublikation:
M. De Paoli et al., Solute mixing in porous media with dispersion and buoyancy, Journal of Fluid Mechanics, 1020, October 2025.

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

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