Ungewöhnlich niedrige Pegelstände in Flüssen und sinkende Füllstände in Talsperren prägen das aktuelle Bild – eine direkte Folge der geringen Niederschläge in den vergangenen Monaten. Auch das oberflächennahe Grundwasser reagiert mit fallenden Wasserständen. Während der Winter 2023/2024 der nasseste seit rund 150 Jahren war, zeigt sich nun die andere Seite: Das Winterhalbjahr endete überdurchschnittlich trocken.
„Die Trinkwasserversorgung in Deutschland ist nicht gefährdet. Regional kommt es dennoch zu Herausforderungen“, betont Dr. Wolf Merkel, Vorstand Wasser des DVGW. „Für die Wasserversorger und Betreiber von Talsperren sind die nächsten Wochen von besonderer Bedeutung. Ihr Blick richtet sich auch auf die Niederschlagsprognosen, um im Fall anhaltender Trockenheit frühzeitig durch die Steuerung und Vernetzung ihrer Brunnen und Wassergewinnungsanlagen die Wasserverfügbarkeit sicherzustellen. Im Falle geringer oder gar ausbleibender Niederschläge, könnte regional auch der Wasserbedarf reduziert werden.“
Frühwarnsysteme und Flexibilität im Umgang mit Wasser
Seit den Trockenjahren 2018 und 2019 setzen viele Wasserversorger auf sogenannte Wasserampeln, um die Bevölkerung frühzeitig zum sparsamen Umgang mit Wasser zu sensibilisieren. Auch die Industrie ist eingebunden: Vereinbarungen mit Brauchwasserkunden ermöglichen es, den Verbrauch bei Engpässen kurzfristig zu drosseln. Doch langfristig reicht das nicht. Die Wasserwirtschaft fordert den Ausbau einer robusten, klimawandelangepassten Infrastruktur – ein zentrales Anliegen des DVGW.
Grundwasser reagiert verzögert – Talsperren spüren Trockenheit sofort
Etwa 70 Prozent des Trinkwassers in Deutschland stammen aus Grundwasser – das sich aufgrund seiner langsamen Reaktionsweise oft erst zeitverzögert von Trockenperioden beeinflussen lässt. Anders bei den Talsperren: Hier machen sich fehlende Niederschläge in den Monaten Februar bis April bereits bemerkbar.
Thomas Klein vom Wupperverband erklärt: „Im Bergischen Land sind wir in Sachen Versorgung gut aufgestellt. Die regionalen Wasserversorger können ihr Rohwasser für die Trinkwasseraufbereitung aus mehreren Ressourcen beziehen. Trotz der Trockenheit haben unsere drei Trinkwassertalsperren zurzeit einen guten Füllstand, da diese vom dem sehr nassen Vorjahr profitieren.“ Dennoch sei klar: „Statt der früher festgelegten starren Betriebsregeln wollen wir eine flexiblere Bewirtschaftung der Talsperren etablieren, um auf die veränderten klimatischen Rahmenbedingungen schneller reagieren zu können.“
Vorrang für Trinkwasser und klare politische Verantwortung
Die Herausforderungen durch den Klimawandel nehmen zu – ebenso wie mögliche Nutzungskonflikte um die Ressource Wasser.
Dr. Merkel unterstreicht: „Grundsätzlich verhalten sich die Menschen in Zeiten von Trockenheit richtig. Trotzdem wird es ohne ordnungsrechtliche Vorgaben nicht gehen. Wir plädieren dafür, dass die öffentliche Wasserversorgung gegenüber anderen Nutzergruppen im behördlichen Vollzug Vorrang hat.“
Dafür gebe es mit dem Wasserhaushaltsgesetz und Artikel 28 des Grundgesetzes eine solide Grundlage. Was jetzt zählt, ist die Umsetzung: Der Ausbau einer klimaresilienten Wasserinfrastruktur müsse politische Priorität bekommen – ebenso wie die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren.
Auch die Finanzierung ist ein zentraler Punkt: Die neue Bundesregierung ist gefordert, deutlich mehr in Maßnahmen zur Klimaanpassung zu investieren. Länder, Kommunen und Wasserversorger brauchen finanzielle Rückendeckung – sei es über Förderprogramme, steuerliche Entlastungen oder spezielle Fonds. Positiv bewertet der DVGW, dass die neue Koalition aus CDU/CSU und SPD die Infrastrukturanpassung in ihrem Vertrag ausdrücklich erwähnt hat.