Störe, auch bekannt als „lebende Fossilien“, könnten ebenso als die Breitmaulnashörner der Gewässer bezeichnet werden.
„Wie Nashörner, bei denen einzelne Tiere sogar von Rangern bewacht werden, sind Störe stark vom Aussterben bedroht und massiv von Wilderei betroffen“, erklärt Thomas Friedrich von der Wiener Universität für Bodenkultur (Boku).
Massenzucht für den Erhalt der Störe: Rettungsprojekt in der Donau
Sie zählen zu den weltweit am stärksten gefährdeten Tierarten. Ein ehrgeiziges Projekt will dies ändern: Im Haus des Meeres wurden 43 Sterlets vorübergehend in ein neues Stör-Aquarium gesetzt, um sie später in Teiche zu übersiedeln. Bis 2030 sollen 1,6 Millionen Jungfische aufgezogen und in die Donau entlassen werden. Jeff Schreiner, Süßwasserkurator im Haus des Meeres, beschreibt das Projekt als „Massenzucht für den Artenschutz“. Seit dem Projektstart wurden bereits 200.000 Fische in der Donau freigelassen, auch in der Nähe der Reichsbrücke.
Seit 200 Millionen Jahren gehören Störe zur Tierwelt, doch bereits im Mittelalter wurden sie in Österreich und Ungarn stark überfischt. Von den ursprünglich sechs in der Donau heimischen Arten existieren heute nur noch Sterlet, Waxdick, Sternhausen und Hausen. Doch auch diese vier Arten sind vom Aussterben bedroht. „Für den Genpool ist es fünf vor zwölf“, warnt Thomas Friedrich, Leiter des Projekts Life-Boat 4 Sturgeon, das in Zusammenarbeit mit Partnern aus elf Ländern ins Leben gerufen wurde, um das Überleben dieser Urzeitfische in der Donau zu sichern.
Großangelegte Zucht und Infrastruktur für den Erhalt der Störe
Im Mittelpunkt des Projekts steht eine großangelegte Zuchtinitiative: Im Haus des Meeres wurden 43 Sterlets als Zwischenlösung in ein neues Stör-Aquarium gebracht. Sobald sie groß genug sind, werden sie in Teiche umgesiedelt, um dort die nächste Generation zu sichern. Bis 2030 sollen insgesamt 1,6 Millionen Jungfische aufgezogen und in die Donau ausgewildert werden.
„Was vor einem Jahr noch unmöglich schien, machen wir jetzt direkt vor der Reichsbrücke“, berichtet Jeff Schreiner, der Süßwasserkurator des Hauses.
Seit Projektbeginn wurden bereits 200.000 Fische freigelassen.
Um eine stabile Störpopulation aufzubauen, wird umfangreiche Infrastruktur benötigt. Dazu gehört ein mobiler Aufzuchtcontainer auf der Donauinsel sowie ab 2025 das ehemalige Frachtschiff Negrelli, das derzeit in Linz umgebaut wird. Dieses wird mit Becken für Mutter- und Jungfische ausgestattet, die vom Donauwasser durchflossen werden, damit sich die Tiere an ihre zukünftigen Lebensbedingungen gewöhnen. Ziel ist es, Fische möglichst naturnah aufzuziehen, ohne sie zu Zuchttieren zu machen.
Auch in Slowenien und Ungarn entstehen Zuchtstationen, während gezielt Störe in Fischfarmen untersucht werden, um Genotypen zu finden, die den ursprünglichen Donaustören entsprechen. Dies soll helfen, einen vielfältigen und gesunden Genpool zu erhalten.
Zucht und Auswilderung: Störarten auf dem Weg zur Rettung
Im nächsten Schritt des Projekts werden Muttertiere gezielt vermehrt, sowohl in Ungarn als auch in Österreich, um das Risiko zu minimieren, sollte an einem Standort etwas schiefgehen. Nach einem festgelegten Zuchtplan werden die Tiere verpaart, die Jungtiere aufgezogen und ausgewildert. Besonders vorsichtig muss man bei großen anadromen Störarten wie Waxdick, Sternhausen und Hausen sein, die im Schwarzen Meer leben und zum Laichen in die Donau zurückkehren. Solange Kraftwerke wie Eisernes Tor 1 und 2 die Wanderroute blockieren, macht es wenig Sinn, diese Arten in Österreich auszusetzen. Es wird gehofft, dass die Passage für diese Fische in 15 bis 20 Jahren frei sein wird, wenn sie geschlechtsreif sind.
Der langsame Fortpflanzungszyklus der Störe verdeutlicht, wie lange es unbemerkt blieb, dass die Bestände dramatisch abgenommen haben. Überfischung, die Zerstörung von Flusshabitaten und Staudämme haben die Population stark dezimiert. Das Projekt versucht nun, in wenigen Jahrzehnten den Schaden von Jahrhunderten rückgängig zu machen. Störe, die bis zu 200 Jahre alt werden können und lange Wanderungen unternehmen, sind wichtige Indikatoren für gesunde Flusssysteme. Wenn ein Fluss für Störe funktioniert, ist er auch für andere Arten intakt.
Monitoring und Zusammenarbeit: Schutzmaßnahmen für die Störpopulation
Zur Überwachung der Populationen und des Erfolgs der Auswilderungen wird ein umfassendes Monitoring durchgeführt. Die Fische werden markiert und mit Mikrotranspondern ausgestattet, um ihre Entwicklung zu verfolgen. Forschende verbringen Nächte an der Donau, um Wiederfänge zu dokumentieren und alle Daten in einer zentralen Datenbank zu speichern. Diese Informationen dienen als Grundlage für zukünftige Schutzmaßnahmen.
Das Projekt arbeitet auch mit Fischern zusammen, um illegale Wilderei zu bekämpfen, die in einigen Regionen wie Rumänien und Bulgarien noch verbreitet ist. Zusätzlich wird Öffentlichkeitsarbeit betrieben, etwa durch Graffiti an der Reichsbrücke, Schulprojekte und das Stör-Aquarium im Haus des Meeres, um Aufmerksamkeit auf die bedrohten Störe zu lenken.
Denn, wie Friedrich sagt: „Die Fische sind lieb, wenn sie klein sind, und imposant, wenn sie groß sind.“