Mit fortschreitendem Klimawandel erhöht sich das Hochwasser-Risiko. Wissenschaftler:innen des Potsdam-Instituts für Klimaforschung haben die bis in die 2040er Jahre nötigen Erhöhungen des Hochwasserschutzes weltweit berechnet. Der Anpassungsbedarf in den USA, in Teilen Indiens und Afrikas, in Indonesien sowie in Mitteleuropa einschließlich Deutschland sind am größten.
Hochwasser wird erheblich mehr Menschen betreffen
Ohne zusätzliche Anpassungsmaßnahmen – wie Deichausbau, verbessertes Flussmanagement, Veränderung von Baustandards oder Verlagerung von Siedlungen – würde sich die Zahl der Menschen, die von den stärksten 10 Prozent der Hochwasserereignisse betroffen sind, vielerorts erhöhen: In Nordamerika von 0,1 auf 1 Million – eine Verzehnfachung. In Deutschland könnte die Zahl von 0,1 auf 0,7 Millionen steigen, also um das Siebenfache.
Die absoluten Werte sind anderswo noch erheblich größer: In Südamerika kann die Zahl der von Hochwasserrisiken betroffenen Menschen voraussichtlich von 6 auf 12 Millionen steigen, in Afrika von 25 auf 34 Millionen, und in Asien von 70 auf 156 Millionen. Die realen Zahlen betroffener Menschen könnten in Zukunft noch höher ausfallen, da in der Studie das Bevölkerungswachstum und die zunehmende Urbanisierung nicht berücksichtigt werden.
„In der Studie nehmen wir an, dass die Menschen das Schutzniveau, das sie heute haben, behalten wollen – sie wollen nicht, dass es schlechter wird. Folglich muss in Ländern mit einem recht guten Schutzniveau viel getan werden, um den Standard aufrecht zu erhalten und zu verhindern, dass Menschen aufgrund von Überschwemmungen tatsächlich ihre Häuser verlassen müssen”, sagt Co-Autor Anders Levermann, Leiter der globalen Anpassungsforschung am PIK und Forscher am Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia University in New York. „Die Ergebnisse sollten eine Warnung für die Entscheidungsträger sein”, so Levermann weiter. „Wenn wir das Thema ignorieren, werden die Folgen verheerend. Wir müssen jetzt beides tun: Anpassung an den bereits verursachten Klimawandel und Begrenzung zukünftiger Erwärmung. Nichtstun wäre gefährlich.”
Hier finden Sie die Studie: Adaptation required to preserve future high-end river flood risk at present levels. Science Advance
Hochwasser in Deutschland: Haben die Schutzmaßnahmen versagt?
Nach der Hochwasser-Katastrophe im Juli gibt es eine Vielzahl an Fragen: Haben die Schutzmaßnahmen versagt? Hätten die Wasserverbände anders reagieren müssen? Wurde zu spät reagiert? Der Wasserverband Eifel-Rur bezieht Stellung zu den Fragen und klärt über die Ereignisse auf.
Wurde zu spät reagiert?
Überlaufen der Talsperren
Ob das Überlaufen der Talsperren im WVER-Gebiet hätte verhindert werden können, beantwortet der Wasserverband mit einem klaren Nein. Der WVER hat die Talsperren nach Betriebsplan betrieben. Dazu gehört auch das Vorhalten von ausreichenden Wassermengen für die Trinkwasseraufbereitung und für den industriellen Bedarf. Es liegt in der der Natur der Sache, dass die Aufgabe des Hochwasserschutzes und der Wasserbevorratung konträr zueinander stehen.
Wie hat der Wasserverband reagiert?
Die vorliegenden Wetterdaten ließen im Vorfeld zunächst erwarten, dass der vorhandene freie Stauraum ausreicht. Als die Zuflüsse einen rasanten Anstieg des Pegelstandes verzeichneten, erhöhte der Verband gemäß dem behördenverbindlichen Betriebsplan die Abgabe des Wassers aus der Talsperre stufenweise auf das Sommermaximum von 50 Kubikmetern pro Sekunde ab Staubecken Heimbach.
Zuflüsse in der Größenordnung eines 10.000-jährlichen Ereignisses
Das Talsperrensystem hat während des Hochwasserereignisses Zuflüsse verzeichnet, die in der Größenordnung eines 10.000-jährlichen Ereignis (HQ10.000) liegen. So musste die Rurtalsperre in der Spitze einen Zufluss von bis zu 500 Kubikmeter pro Sekunde verkraften. Aus der Rurtalsperre wurden jedoch nur ca. 80 Kubikmeter pro Sekunde an das Staubecken Heimbach abgegeben. Mit der über das Jugendstilkraftwerk aus der Urfttalsperre abgegebenen Wassermenge ergab sich die Abgabemenge ab dem Staubecken Heimbach von ca. 100 Kubikmetern pro Sekunde.
Hätte der WVER nicht Schlimmeres verhindern können?
Die Talsperren haben sich auch bei diesem Ereignis vollständig bewährt. Überall dort, wo keine Talsperre das darunter befindliche Gewässer sichern konnte, ist das Ausmaß der Schäden um ein Vielfaches höher. An der Oleftalsperre wurde die Wasserabgabe durch die Talsperre in der Spitze um den Faktor 70 (!) reduziert (max. Zufluss: 35 m³/s, Abfluss: 0,5 m³/s). An der deutlich stärker belasteten Rurtalsperre war es ein Rückhaltefaktor von mindestens 7 (max. Zufluss: 500 m³/s, max. Abfluss aus der Talsperre: 70 m³/s). Darüber hinaus wurden alle 52 Hochwasserrückhaltebecken des WVER voll gefüllt, wodurch die unterhalb liegenden Gewässer deutlich entlastet wurden.
Haben der Hochwasserschutz und die Berechnungsmodelle versagt?
Regelmäßige Neuauflage von Hochwassergefahrenkarten