1. Dezember 2022 | Der Bundestag wird heute über das Ratifizierungsgesetz zu dem umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits abstimmen.
Das Abkommen ist seit 2017 teilweise in Kraft und bezieht sich bislang ausschließlich auf die Bereiche, die in die alleinige Zuständigkeit der EU fallen. Das Ratifizierungsverfahren in den Mitgliedstaaten ergibt sich vor allem aufgrund der Zuständigkeit für den Investitionsschutz. Zuvor war von den Regierungsfraktionen erklärt worden, dass eine Ratifizierung nur dann stattfinden soll, sobald der gemeinsame Ausschuss des CETA-Abkommens (das sogenannte Joint Committee) eine Erklärung verabschiedet hat, die eine „missbräuchliche Auslegung von Definitionen“ verhindert – dies ist bisher nicht bekannt. Auch tritt das Abkommen nur vollständig in Kraft, wenn alle Mitgliedstaaten das Abkommen ratifiziert haben.
AöW-Präsident Prof. Lothar Scheuer erklärt zur Abstimmung zum Ratifizierungsgesetz zum CETA-Abkommen:
„Angesichts der Folgen des Ukraine-Krieges und der Klimakrise erkennen wir die Bedeutung von zukunftsorientierten Wirtschafts- und Handelsabkommen mit wichtigen Handelspartnern an – dazu gehört in jedem Falle auch Kanada. Gleichzeitig erfordern die Krisen und Herausforderungen neue Prioritäten – und dazu gehört auch die Stärkung der Wasserwirtschaft in öffentlicher Hand. Diesem Zeitenwandel und den Erfordernissen muss auch das CETA-Abkommen gerecht werden. Mit dem jetzigen CETA-Text wird der Schutz der öffentlichen Wasserwirtschaft vor einer Kommerzialisierung weiter geschwächt. Es ist zu erwarten, dass dies sich in weiteren Abkommen weiter fortsetzen wird.
Stärkung der öffentlichen Wasserwirtschaft
Es kommt jetzt und für die zukünftigen Herausforderungen darauf an, dass auf nationaler und vor allem kommunaler Ebene die Strukturen für die öffentliche Wasserwirtschaft bekräftigt werden. Es darf hierbei nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben. Für Marktmechanismen und Gewinnmaximierung ist kein Platz, vielmehr gilt es, die Wasserwirtschaft in öffentlicher Hand als starke Partnerin für Kommunen und Gemeinden zur Bewältigung der Herausforderungen zu nutzen. Dazu bedarf es vor allem der Anpassung der Rahmenbedingungen, um Planungs- und Investitionssicherheit für die öffentliche Wasserwirtschaft gemeinwohlorientiert zu verbessern.
Anpassung an den Klimawandel
Hinsichtlich des nun relevanten Investitionsschutzes bezweifeln wir weiterhin, ob das Joint Committee mit einer Erklärung eine ausreichende Verbindlichkeit erreichen kann oder doch nur als Auslegungsinterpretation nachrangig herangezogen wird. Aus unserer Sicht ist dies wichtig, denn bereits heute werden Nutzungskonkurrenzen/-konflikte um Wasser aufgrund des Klimawandels immer deutlicher. Der Klimawandel verknappt nicht nur das Wasserdargebot in Trockenzeiten, sondern auch die verfügbare Menge an sauberem Wasser sinkt. Die aufkommende Wasserkrise erfordert daher eine Zunahme der Anstrengungen zur Reinhaltung der verbleibenden Wasserressourcen in mindestens gleichem Maß, wie der Klimawandel voranschreitet. Wasserschutz muss als wichtigste Anpassungsmaßnahme an den Klimawandel gesehen werden.
Wir lehnen es deshalb ab, solche Streitigkeiten, vor allem wenn es um den Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung geht, vor einem internationalen Schiedsgericht im Sinne des CETA-Abkommens zu verhandeln. Wasser muss insgesamt von Investitionsstreitigkeiten ausgeklammert sein, andernfalls riskiert der Staat mit der Einführung des Investorenschutzes seine Handlungsfähigkeit bei der zukünftig wichtigsten Ressource: sauberes Wasser. Dazu darf es keinesfalls kommen.“