08. Februar 2023: Seit dem 10. Januar ist die neue Landes-Düngeverordnung für Mecklenburg-Vorpommern in Kraft – und erregt erwartungsgemäß die Gemüter der Landwirte. Dr. Till Backhaus, Umwelt- und Landswirtschaftsminister des Landes, wehrt sich.
Gemäß der neuen Verordnung darf in MV künftig auf 429.218 ha (ca. 32,03 % der Landwirtschaftsfläche) nur noch eingeschränkt gedüngt werden. Wie Till Backhaus bei der Landespressekonferenz anlässlich der Verabschiedung betonte, sei die Novellierung unumgänglich gewesen, da die Europäische Kommission die Anforderungen an den Gewässerschutz und damit den Druck auf die einzelnen Mitgliedsstaaten nochmals drastisch erhöht hatte.
Rote Gebiete auf der Basis aktueller Daten ausgewiesen
„Auch wenn ich mir bewusst bin, dass uns die Landwirte in MV heute keinen Beifall zollen werden, so kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass wir die Forderungen und Hinweise des Berufsstandes im Prozess umfassend berücksichtigt haben. Mitte Dezember hatten wir vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie kurzfristig die Meldung erhalten, dass die umfassend analysierten Nitratwerte für 2021 zur Verfügung stehen. Diese Werte stammen aus dem Landesmessnetz und sind derzeit die aktuellen Daten zur Nitratbelastung unseres Grundwassers, die in MV vom Landesdienst erhoben wurden. Diese Daten haben wir noch vor dem Jahreswechsel ausgewertet und in die Ausweisung der roten Gebiete eingespeist“, erklärte Minister Backhaus.
Verursacherprinzip kann hier nicht gelten
Backhaus wies auch darauf hin, dass Wasser ein langes Gedächtnis habe, d.h. das die Gesundung des Grundwassers nicht von heute auf morgen gelingen werde. Deshalb lehnt er – wie die EU dies für die Festlegung roter Gebiete auch tut – eine Debatte um Verursachergerechtigkeit ab.
Auch den Blick in andere Bundesländer lässt der Minister so nicht gelten: „Die Flächenumfänge sind nicht miteinander vergleichbar, weil zwei wesentliche Einflussfaktoren eben nur bei uns in MV zu Buche schlagen: Der hohe Anteil von Kulturen mit hohem Düngebedarf in enger Fruchtfolge, also Winterraps – Winterweizen – Mais, und die geringe Grundwasserneubildungsrate treiben bei uns die Nitratgehalte im Grundwasser hoch. Dass wir im Gegensatz zu bestimmten Regionen in Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen nur eine geringe Viehdichte haben, hilft uns an dieser Stelle leider nicht.“
Bauernverband fordert Honorierung der Bemühungen der Landwirte
Der Bauernverband zweifelte die aktuell geltende Ausweisung der roten Gebiete an. Diese war aufgrund erhöhter Nitratwerte an 165 von insgesamt 824 Grundwassermessstellen und Rohrwasserbrunnen erfolgt. Detlef Kurreck, Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern kalkulierte für die Roten Gebiete Verluste von 50 – 100 Euro je Hektar für die Landwirt:innen.
„Ob damit die jetzt geltende Ausweisung der Roten Gebiete wirklich korrekt erfolgt ist, müssen und werden Juristen klären“, ist der Bauernpräsident überzeugt. Unabhängig davon strebe der Verband schnelle Gespräche mit Minister Backhaus an, um ein Ausstiegsszenario zu verabreden. „Wir Landwirte wollen etwas für die Verbesserung des Gewässerschutzes tun. Die Frage ist nur, wie diese Bemühungen honoriert werden. Wenn beispielsweise ein Landwirtschaftsbetrieb über drei Jahre nachweisen kann, dass er die Vorgaben einhält und kein zusätzliches Nitrat ins Grundwasser emittiert, muss er aus der Einstufung ins Rote Gebiet wieder herauskommen.“
Backhaus nimmt Stellung
In Stellungnahme betont Backhaus, dass die Debatte um die Düngelandesverordnung von Anfang an emotional geführt worden sei. Und er verwahrt sich gegen die Verbreitung von Unwahrheiten:
„Ich muss mich allerdings sehr wundern, dass immer wieder Unwahrheiten verbreitet werden, die jeglicher fachlicher Grundlage entbehren und nicht nur die Arbeit meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diskreditieren, sondern auch die Bürgerinnen und Bürgern falsch informieren und verunsichern.“
Backhaus wies darauf hin, dass selbst das vom Bauernverband in Auftrag gegebene Gutachten für einen Großteil der mit Nitrat belasteten Grundwassermessstellen des Landes angebe, dass die Zustromgebiete in den allermeisten Fällen zwischen 80 und 100 % landwirtschaftliche genutzt würden.
Kooperationen mit Trinkwasserversorgern sind nicht Ziel der Düngelandesverordnung
…sondern freiwillig, weshalb sie nur über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen könnten. Backhaus wies darauf hin, dass die Düngeverordnung wie die Düngelandesverordnung verpflichtende Instrumente mit Ge- und Verboten sind. Auch seien sie kein Mittel, um Landwirt:innen abzustrafen. Die Gebietsausweisung beruhe auf nachvollziehbaren Daten von 824 geeigneten Messstellen im Land, die in das in MV anwendbare und wissenschaftlich fundierte deterministische Berechnungsverfahren „Inverse Distance Weighting“ (IDW) zur Abgrenzung der zu den belasteten
Messstellen gehörenden Flächen einfließen. Es gebe auch nach Stand von Wissenschaft und Forschung keine Zweifel daran, dass die landwirtschaftliche Düngung Hauptursache für die Nitratbelastung der Gewässer ist. Auch die Daten zur Emissionssituation in M-V bestätigten die hohen Nitrateinträge in die Gewässer.