Filter by Themen
Abwasserbehandlung
Analytik & Hygiene
Digitalisierung
Energie
Events
Nachhaltigkeit & Umweltschutz
Netze
Wasseraufbereitung
Wassergewinnung
Wasserstress
Water Solutions
Filter by Kategorien
Advertorial
Branche
Events
Forschung & Entwicklung
Leute
News
People
Products & Solutions
Produkte & Verfahren
Publications
Publikationen
Sonstiges
Trade & Industry
Filter by Veranstaltungsschlagworte
abwasser
ACHEMA
Automatisierung
Digitalisierung
Emerging Pollutants
Energie
FDBR
Hydrologie
kanalnetze
Krankheitserreger
MSR
Spurenstoffe
Talsperren
trinkwasser
Wasser
wasseraufbereitung
wasserbau
Wassernetze
Wasserversorgung
FS Logoi

Die Leidtragenden der Wasserkraft

Kategorie:
Thema:
Autor: Sina Ruhwedel

Ein Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat untersucht wie nachhaltig Wasserkraft tatsächlich ist. Für die Untersuchung wurde ein globaler Datensatz erstellt zur Bewertung der Fischsterblichkeit durch Turbinen. Die Forschenden erhielten als Ergebnis, dass durchschnittlich 22,3 Prozent der Fische aus dem Datensatz an Wasserkraftturbinen getötet werden oder nach der Passage schwere, potenziell tödliche Verletzungen aufweisen.

Weltweit nimmt die Zahl der Wasserkraftanlagen rasant zu. Allein in Europa sind bereits 21.000 Anlagen in Betrieb, 8.500 weitere sind geplant. Doch wie wirkt sich das auf die Fischbestände in den betroffenen Flüssen aus? Um besser abzuschätzen, wie viele Tiere den Turbinen zum Opfer fallen und welche Unterschiede es zwischen Fischarten und Turbinentypen gibt, erstellten und analysierten IGB-Forschende einen globalen Datensatz mit mehr als 275.000 einzelnen Fischen aus 75 Arten.

Die Mortalitätsbewertungen stammen von Feldversuchen an 122 Wasserkraftstandorten unterschiedlicher Größe in 15 Ländern weltweit. Zu den erfassten Turbinentypen zählen unter anderem Kaplan-, Francis- und Very-Lowhead-Turbinen mit sehr geringer Fallhöhe, aber auch archimedische Schrauben und Wasserräder. „Die turbinenbedingte Fischsterblichkeit wird zwar schon länger untersucht, aber meist nur an einzelnen Standorten. Unsere Studie liefert nun erstmals eine globale Betrachtung und berücksichtigt dabei unterschiedlichste Fischarten und Turbinentypen. Das macht diesen Datensatz und dessen Auswertung so einzigartig und aussagekräftig“, erklärt IGB-Forscher Dr. Johannes Radinger, Erstautor der Studie.

Risiko hängt von Fischlänge, Art und den verbauten Turbinen ab

Besonders von einer Schädigung gefährdet sind Fischarten mit ausgeprägtem Wanderverhalten wie Lachse, Störe oder Aale, die im Laufe ihres Lebenszyklus zwischen Flüssen und Meer hin- und herwandern und dabei Turbinen passieren müssen. Betroffen sind aber auch Populationen sogenannter potamodromer Fische – also Flussfischarten, die über lange Distanzen innerhalb der Flusssysteme wandern (z.B. Barbe oder Nase). Für wandernde Populationen sind vor allem die summierten Auswirkungen mehrerer Wasserkraftanlagen problematisch.

„Bei der Analyse dieses globalen Datensatzes haben wir ein besonderes Augenmerk darauf gerichtet, die Unsicherheiten der einzelnen Studien bezüglich des Umgangs mit den Fischen und methodischer Unterschiede der Fischbestandsaufnahmen adäquat zu berücksichtigen, um die Belastbarkeit der festgestellten Mortalitätsraten zu gewährleisten“, sagt Radinger. Das Ergebnis ist eindrücklich: Im Mittel erleidet jeder fünfte Fisch (22,3 Prozent) beim Passieren einer Wasserkraftturbine tödliche Verletzungen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fisch beim Turbinendurchgang geschädigt wird, hängt unter anderem von seiner Größe, der Art, dem Lebensstadium und anderen biologischen Merkmalen ab. Je größer der Fisch, desto höher ist in der Regel sein Sterberisiko. Doch auch der Turbinentyp ist entscheidend: Langsam drehende Turbinen wie Very-Lowhead-Turbinen und Wasserräder sind im Vergleich zu den meisten konventionellen Turbinenarten weniger schädlich. Doch selbst bei konventionellen Turbinentypen zeigt die Analyse eine große Variabilität von Sterblichkeitsraten, was besonders interessant ist. Es gibt also durchaus Wasserkraftwerke mit Turbinenkonfigurationen, die zu geringeren Sterblichkeitsraten führen.

Fischschonende Turbinen und funktionierende Fischwanderhilfen sind nötig

Den Goldstandard bilden Turbinen, die aufgrund technischer und betrieblicher Konfigurationen die Fischsterblichkeit reduzieren und zugleich in Kombination mit funktionierenden und modernen Fischauf- und Fischabstiegsanlagen die Tiere erfolgreich daran hindern, überhaupt in die Turbinen zu gelangen. Noch sind solche Anlagen allerdings die absolute Ausnahme. Die Entwicklung fischschonender bzw. die Anpassung herkömmlicher Turbinen sollte deshalb mit standardisierten, kontrollierten Methoden unter realistischen Feldbedingungen evaluiert werden, empfehlen die Forscher.

Sie betonen außerdem die Relevanz über die Grenzen Deutschlands und Europas hinaus: Angesichts des anhaltenden Wasserkraftbooms in besonders artenreichen, großen Flusssystemen sei die weltweite Einführung eines Mindeststandards für den Fischschutz drängender denn je. Nur so ließe sich der Bedarf an erneuerbarer Energie mit dem Schutz der biologischen Vielfalt und der ökologischen Verbesserung von Flussökosystemen in Einklang bringen. Das Autorenteam weist außerdem ausdrücklich darauf hin, dass auch ausgesprochen fischschonende Anlagen negative Auswirkungen auf ganze Flussökosysteme haben, durch u.a. die Verhinderung des Sedimenttransports oder Eingriffe in das natürliche Abflussregime.

Datensätze wie dieser zur Fischmortalität klären über die ökologischen Kosten der Wasserkraft auf und tragen somit zu einer fundierten Abwägung bei. Schließlich erfordert eine Debatte über die tatsächlichen Auswirkungen von Wasserkraftanlagen auf die Populationsökologie von Fischen und den Erhalt der biologischen Vielfalt eine Berücksichtigung vertrauenswürdiger Daten zu den unterschiedlichsten Gefährdungsursachen.

Publikation in “Conversation Biology

Das könnte Sie auch interessieren:

Passende Firmen zum Thema:

Publikationen

Phosphorrückgewinnung als Ressourcenschutz

Phosphorrückgewinnung als Ressourcenschutz

Autor: Andrea Roskosch / Bettina Rechenberg
Themenbereich: gwf - Wasser|Abwasser
Erscheinungsjahr: 2015

Aufgrund der potenziellen Risiken, die Klärschlamm aus der Abwasserreinigung mit sich bringt, wird der Ausstieg aus der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung seit vielen Jahren vom Umweltbundesamt gefordert. Im Koalitionsvertrag für die ...

Zum Produkt

Vorsorgende Leistungen der Wasserversorger für den Gewässer- und Gesundheitsschutz

Vorsorgende Leistungen der Wasserversorger für den Gewässer- und Gesundheitsschutz

Autor: Simone Richter / Jörg Rechenberg
Themenbereich: gwf - Wasser|Abwasser
Erscheinungsjahr: 2015

Wasserversorger erbringen in Deutschland über ihre Kernaufgaben hinaus eine Reihe von unverzichtbaren vorsorgenden Leistungen für den Umwelt- und Gesundheitsschutz. Diese im Aufgabenprofil der Wasserversorger zu erhalten, ist ein besonderes ...

Zum Produkt

Multikriterielle Bewertungsverfahren: Kurzbeschreibung und Defizitanalyse (Teil 1)

Multikriterielle Bewertungsverfahren: Kurzbeschreibung und Defizitanalyse (Teil 1)

Autor: Andreas Hein / Peter Lévai / Kristina Wencki
Themenbereich: gwf - Wasser|Abwasser
Erscheinungsjahr: 2015

Einleitung: In den letzten Jahrzehnten hat sich der Fokus der Wasserwirtschaft stetig gewandelt. Nicht zuletzt bedingt durch die Nachhaltigkeitsdebatte besteht das Ziel der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung längst nicht mehr in der reinen ...

Zum Produkt

Sie möchten die gwf Wasser + Abwasser testen

Bestellen Sie Ihr kostenloses Probeheft

Überzeugen Sie sich selbst: Gerne senden wir Ihnen die gwf Wasser + Abwasser kostenlos und unverbindlich zur Probe!

Finance Illustration 03