„So wichtig das Thema für Mensch und Umwelt auch ist – im Bewusstsein der Öffentlichkeit ist es längst noch nicht verankert“, so Dr. Steffen Metzger, Leiter des Kompetenzzentrums Spurenstoffe Baden-Württemberg (KomS) in Stuttgart. Dabei seien es gerade die Verbraucher, die mit einer sachgemäßen Entsorgung entscheidend dazu beitragen könnten, den Eintrag der Rückstände ins Abwasser deutlich zu reduzieren. Das vom Land Baden-Württemberg geförderte KomS setzt deshalb sowohl auf den Ausbau von Kläranlagen und innovativen Reinigungstechnologien sowie deren Weiterentwicklung als auch auf Aufklärung und Sensibilisierung der Bevölkerung.
Arzneimittel gehören nicht in die Toilette
Abgelaufene oder nicht genutzte Medikamente werden noch immer viel zu häufig einfach über die Toilette oder das Waschbecken entsorgt. Die Folgen: Die Wirkstoffe gelangen über den Abfluss ins Abwasser und werden – trotz Klärprozess – an die Umwelt abgegeben. Nachweisbar sind die Spurenstoffe im Abwasser meist in nur extrem geringen Konzentrationen, ein Risiko für die menschliche Gesundheit besteht nach jetzigem Forschungsstand nicht.
Allerdings werden die synthetischen Rückstände in unseren Ökosystemen nur sehr langsam oder sogar überhaupt nicht abgebaut. Welche toxischen Wirkungen sich aus den Verbindungen verschiedener Substanzen ergeben ist nicht absehbar. „Dass die Spurenstoffe Auswirkungen auf im Wasser lebende Organismen haben können, ist heute bereits wissenschaftlich belegt“, sagt Dr. Steffen Metzger.
Versuche mit Fischen hätten gezeigt, dass schon durch geringe Konzentrationen einzelner Stoffe Veränderungen im Organismus dieser Lebewesen hervorgerufen werden können. „Arzneimittel gehören nicht ins Abwasser, sondern in den Restmüll“, so der Experte. „Der wird heute in fast jeder Kommune verbrannt und ist damit ein sicherer Entsorgungsweg.“
Die vierte Reinigungsstufe: Spurenstoffelimination im Klärwerk
Als bundesweiter Vorreiter im Einsatz gegen Spurenstoffe gilt das Land Baden-Württemberg: 2003 ging im Ulmer Klärwerk ein Forschungsprojekt zur Entwicklung einer Verfahrenstechnik zur Spurenstoffelimination an den Start. Dabei wurde dem Abwasser in einer vierten Reinigungsstufe Aktivkohle zugeführt und nach deren Anreicherung mit Spurenstoffen zusammen mit dem Klärschlamm wieder entnommen.
Das Verfahren hat sich bewährt: Inzwischen sind in Baden-Württemberg bereits zehn kommunale Kläranlagen mit einer zusätzlichen vierten Reinigungsstufe in Betrieb, 4 weitere Anlagen sind im Bau und 3 in Planung. „Die stetig steigenden Anforderungen an den Betrieb und die Technik der Kläranlagen sind mit einem hohen finanziellen Aufwand der Kommunen verbunden“, sagt Dr. Steffen Metzger. Und nicht nur das: Auch gut geschultes Personal werde immer wichtiger und zunehmend gebraucht.
Interessante Aufgabenfelder für Azubis und junge Fachkräfte
Auszubildenden, jungen Fachkräften und Hochschulabsolventen bieten die breit gefächerten Aufgabenfelder rund um die Kläranlagentechnologien zahlreiche interessante Herausforderungen. „Junge Leute finden bei uns viele spannende Ausbildungsberufe“, sagt Dr. Steffen Metzger. „Und auch auf Berufseinsteiger und Absolventen der Hochschulen warten höchst anspruchsvolle Aufgaben und ideale Möglichkeiten, sich fachlich weiterzuentwickeln. Wir freuen uns über jeden, der uns im bei der komplexen Aufgabenstellung Spurenstoffe in der aquatischen Umwelt unterstützt.“ Weitere Informationen stehen unter www.koms-bw.de zur Verfügung. (mks)